| Geb. am: | 12. Februar 1919 |
| Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
| Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Alfred WOLLNER, geb. am 12. Februar 1919 in Liesing/Niederösterreich [Wien] (heimatberechtigt in Liesing/Niederösterreich, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Dr.med. Emil Wollner (Arzt, 1869–1919, starb wenige Wochen nach der Geburt von Alfred) und Magdalena Wollner, geb. Haala, wiederverh. Seiser (1889–1978, Schneiderin) und wohnte mit Mutter, Stiefvater und drei Geschwistern in Liesing, Wiener Straße 7. Er absolvierte das Realgymnasium in Mödling/Niederösterreich, wo er 1937 auch die Reifeprüfung (Matura) ablegte und begann anschließend im Wintersemester 1937/38 an der Universität Wien Medizin zu studieren. Er war in Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 2. Studiensemester inskribiert.
Er gehörte seit Geburt der evangelischen Religionsgemeinschaft A.B. an (sein Vater war vor der Heirat 1908 aus der Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten und zum Protestantismus übergetreten), wurde nach dem "Anschluss" 1938 aber aus rassistischen Gründen als sogenannter "Mischling 1. Grades" verfolgt und konnte sein Studium nur vorläufig – bei Gefahr des jederzeitigen Widerrufs – noch fortsetzen, schließlich aber nicht mehr promovieren.
Bei der Musterung zur Wehrmacht im Februar 1939 wurde er für ein Jahr zur Fortsetzung seines Studiums vom Wehrdienst freigestellt worden und absolvierte am 8. März 1940 das I. Rigorosum. Nach erfolgreicher Absolvierung aller Lehrveranstaltungen und Prüfungen wäre Woller am 13. Oktober 1942 berechtigt gewesen zu promovieren und stellte das entsprechende verpflichtende Ansuchen. Dekan Prof. Pernkopf hatte dazu ffolgende Stellungnahme abgegeben: Woller "ist Mischling I. Grades. Macht sonst keinen schlechten Eindruck; ein wenig kommt vielleicht das Semitische heraus." Das Ansuchen wird vom Reichserziehungsministerium Berlin abgelehnt, da keine Promotion ohne Aussicht auf Berufszulassung erteilt würde und diese Mischlingen 1. Grades grundsätzlich nicht erteilt werde. Rektor und Dekan werden lediglich ermächtigt, Alfred Wollner "eine Bescheinigung des Inhalts auszustellen, daß er, abgesehen von dem Nachweis der deutschblütigen Abstammung, alle Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades erfüllt hat. Auf der Bescheinigung ist ausdrücklich zu vermerken, daß sie nicht als Doktordiplom gilt."
Ohne Zulassung zum Arztberuf konnte er in der NS-Zeit nur unbezahlt oder minderbezahlt Berufserfahrungen sammeln.
Erst nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde Alfred Wollner im Zuge der ersten Nachkriegs-Promotion im befreiten Österreich am 8. Juni 1945 promoviert, wobei das Doktordiplom rückdatiert wurde auf den 13. Oktober 1942, also jenen Tag, an dem er die letzte Prüfungsleistung erbracht hatte, und damals nur aufgrund seiner jüdischen Abstammung das Doktordiplom nicht erhalten hatte.
Er war verheiratet und eröffnete nach dem Krieg im November 1947 eine Praxis als praktischer Arzt in Wien 23, Breitenfurterstraße 350, die er bis zu seiner Pensionierung 1984 betrieb. Ihm wurde auch der Berufstitel „Medizinalrat“ verliehen.
Dr.med. Siegfried Alfred Wollner starb am 7. Juni 2011 in Wien und ist am Friedhof Wien-Liesing beigesetzt.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937–1940, Promotionsprotokoll MED XIV (1941-1949), Nr. 1270, RA GZ 944 ex 1939/40/41, MED S 51.1, MED S 51.2, MED GZ 1115 ex 1939/40, Rektorat GZ 944 ex 1939/40/41; Wiener Stadt- und Landesarchiv/Ärztekarteikarte; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 502; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 11/2025; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2025; Verstorbenensuche Friedhöfe Wien.
Herbert Posch