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Berthold Weissberg

Geb. am: 25. September 1905
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Dr. med. Berthold WEISSBERG, geb. am 25. September 1905 in Drohobycz Galizien, Österr.-Ungarn [später Polen, heute Drohobytsch|Дрогобич/Ukraine] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Ignaz Weissberg (Privatbeamter in Polen), wohnte in Wien 6, Köstlergasse 1/26. Er hatte an der Universität Wien Medizin studiert und am 7. Juli 1930 zum "Dr.med.univ." promoviert, war seit 29. Dezember 1935 mit Bertha Kuner verheiratet, arbeitete als Arzt und begann 1936 Physik zu studieren und war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 3. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Physik.

Er wurde aus rassistischen Gründen gezwungen das Studium abzubrechen und die Universität zu verlassen.

Er konnte mit seiner Frau aus Wien fliehen und konnte im September 1938 nach Belgien emigrieren wo sie in Antwerpen/Anvers lebten, dank der Unterstützung durch seinen Onkel, Dr. Otto Maria Karpfen (Carpeaux). Beim Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Belgien im Mai 1940 wurde er nach Südfrankreich in das Internierungslager Saint-Cyprien bei Perpignan deportiert im Oktober 1940 weiter in das Internierungslager Gurs. Im Februar 1941 erhielt er die Erlaubnis, außerhalb des Lagers in einem kleinen Ort zu wohnen, wo er sich um andere andere Vertriebene aus Gurs kümmerte, kehrte aber im April 1942 freiwillig in das Internierungslager zurück um als Arzt im Lazarett des Lagers den anderen Flüchtlingen zu helfen. Vor der drohenden Deportation über das Sammellager Drancy bei Paris in das Konzentrationslager Auschwitz [Oświęcim] im deutsch besetzten Polen flüchtete er im Jänner 1943 aus dem Lager Gurs und konnte über die Grenze nach Spanien flüchten, wo er aber erneut verhaftet und in Miranda de Ebro interniert wurde. Es gelang ihm erneut zu flüchten, diesmal über da Mittelmeer in das französische Protektorat Marokko [Königreich Marokko|المملكة المغربية|al-Mamlaka al-Maġribiyya], wo er in die Französische Armee (Forces françaises libres|FFL) als Hilfsarzt eintrat.
Sein Bruder, der 1938 ebenfalls bereits Arzt vor dem Nationalsozialismus fliehen musste, war nach Palästina [Israel|ישראל] emigriert und kehrte später nach Wien zurück.

Berthold Weissberg und seine Frau blieben in Frankreich, erhielten im Juni 1947 die französische Staatsbürgerschaft. Nach mehreren Einsätzen in Afrika, wurde er von Dr. Albert Schweitzer nach Lambaréné (in der damaligen französischen Kolonie Gabun, 1960 unabhängig wurde) gerufen, wo er 1954 bis 1963 als Chefarzt das Regierungsspital leitete.

Zurück in Frankreich, lebte er in Paris, zog später nach Nizze [Nice] an die Côte d'Azur, wo er 1978 starb.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937-1939, MED Promotionsprotokoll 1929-1941, 356; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 498; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer (Projekt in Österreich 1938-1945 - Entrechtung, Vertreibung, Ermordung), Wien 2018 und von Dominique Piollet 08/2022; www.genteam.at; www.ancestry.de.


Herbert Posch


Nationale von Berthold Weissberg, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Berthold Weissberg, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien
Berthold WEISSBERG, Promotion zum Dr. med. am 7. Juli 1930, Promotionsprotokoll der Medizinischen Fakultät 1929-1941, Nr. 356, © Archiv der universität Wien
Berthold WEISSBERG, Promotion zum Dr. med. am 7. Juli 1930, Promotionsprotokoll der Medizinischen Fakultät 1929-1941, Nr. 356 © Archiv der Universität Wien
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