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Leopold Walterskirchen

Geb. am: 12. Februar 1906
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen

Leopold WALTERSKIRCHEN, geb. am 12. Februar 1906 in Wolfsthal, NÖ, war 1938 Assistent an der II. Medizinischen Univ. Klinik (Leitung Prof. Jagic) an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.

Er wurde im Nationalsozialismus aus sogenannten "politischen" bzw. "administrativen" Gründen verfolgt und von der Universität Wien entlassen.

Er wurde 1906 als Leopold Wilhelm Hubert Freiherr von Walterskirchen zu Wolfsthal (ab 1907: Graf von Walterskirchen, Freiherr zu Wolfsthal) auf Schloss Walterskirchen in Wolfsthal, NÖ, geboren, als sechstes von neun Kindern von Franz Xaver Freiherr von Walterskirchen zu Wolfsthal (1862-1933, k.u.k geheimer Rat und Kämmerer, erbliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses, Gutsbesitzer in Wolfsthal) und von Anna Maria, geb. Gräfin v. Ludwigstorff, Freiin zu Goldlamb (1870-1943, Palast- und Sternkreuzordensdame). Er legte 1925 die Reifeprüfung (Matura) am katholischen Privatgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht Kollegium Kalksburg, NÖ, ab und begann anschließend an der Universität Wien Medizin zu studieren.
Er promovierte am 7. Juli 1933 zum "Dr. med. univ." und eröffnete kurz darauf am 17. Oktober 1933 eine Praxis als Allgemeinmediziner in Wien 1., Bäckerstraße 10, wechselte aber spätestens 1935 nach Wien 1., Bräunerstraße 11.

Er arbeitete parallel ab 1933 für zwei Jahre am Pharmakologischen Institut der Universität Wien und veröffentlichte aus diesem Arbeitsbereich seine ersten wissenschaftlichen Publikationen in Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie - 1935 mit Klaus Unna, Über die Wirkung des antidiuretischen Hypophysenhinterlappenhormons am gewässerten und nicht gewässerten Hund (Bd. 178, 639-648), 1937 wieder mit Klaus Unna, Über den Zusammenhang zwischen Chlorid- und Wasserausscheidung nach Pituitrin (Bd. 181, 681-688) und mit Sylvester Zacherl, Beitrag zur Analyse der Giftwirkung hämolysierter Erytlirocyten (Bd. 184, 659-666).
Ab 1935 arbeitete er an der II. Med.-Univ.Klinik (Leitung: Prof. Jagic), und erlangt am 1. Jänner 1938 eine Assistentenstelle als unbesoldeter Hochschulassistent und wurde auch im Frühjahr 1938 noch auf Adolf Hitler vereidigt.

Am 4. November 1939 ordnete aber der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Josef Bürckel mit Bescheid Ref.D./He-B-9965 an, dass Walterskirchen "im Interesse des Dienstes aufgrund des § 6 der Verordnung zur Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums vom 31. Mai 1939, RGBl. I S. 607 mit Ende des Monats [i.e. 30. November 1939] in den Ruhestand zu versetzen" sei, ohne Abfertigung, ohne Pensionsansprüche, ohne zulässige Rechtsmittel dagegen. Dies wurde ihm über den Amtsweg - Reichskommissariat, österreichisches Unterrichtsministerium, Rektorat, Dekanat der Medizinischen Fakultät, Klinik-Chef - mitgeteilt. Er wurde somit nicht nach dem Paragraphen wegen "politischer Gründe" (§ 4) entlassen, sondern nach jenem aus "administrativen Einsparungsgründen" (§ 6) - die beiden Paragraphen wurden aber oft austauschbar für weltanschaulich mit den Nationalsozialismus inkompatible Personen als Begründung gewählt.

Er konnte während der NS-Zeit nicht mehr an der Universität oder an öffentlichen Spitälern arbeiten, fand aber die Möglichkeit, ab 1940 in einem Privatlabor in Wien zu arbeiten.

Nach Ende der NS-Herrschaft heiratet er am 27. Mai 1945 in Wien Lydia Malek (1922-?), die Ehe wurde aber im Juni 1961 kinderlos geschieden.

Er konnte ab 1945 wieder an die II. Med.-Univ.Klinik, zurückzukommen, bevor er 1947 Vorstand der internen Abteilung im Wiener Elisabethspital wurde bzw. kurz darauf 1948 das Primariat im Pflegeheim Wien-Lainz übernahm (bis zu seiner Pensionierung 1971) und betrieb daneben seine Privatpraxis in Wien 3, Erdbergstraße 103.

Er veröffentlichte weitere wissenschaftliche Publikationen, wurde zum "Medizinalrat“ ernannt und mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.

Medizinalrat Dr. Leopold Walterskirchen, geb. Freiherr von Walterskirchen zu Wolfsthal, starb am 1. April 1994 in Wien 3., Baumgasse 20A und ist am Friedhof in Wolfsthal bestattet.


Lit.: Archiv der Universität Wien, Nationale 1926-1933, Promotionsprotokoll MED 1931-1941 Nr. 2026, Personalstand der Universität Wien 1937/38, 110, Rektorat RA GZ 680 I ex 1937/38, RA GZ 467 ex 1939/40, MED GZ 515 ex 1939/40; röm.-kath. Pfarre Wolfsthal/NÖ (ErzDiöz. Wien), Taufbuch 1899-1915, fol. 79, Nr. 5; NÖ ÄRZTECHRONIK 1990; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2025; Adelsdatenbank ADLER, www.geni.com; www.ancestry.de; Pharmaceutische Post vom 16.12.1933, 7; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 07/2024.


Herbert Posch


Leopold Walterskirchen, Abb. aus NÖ Ärztechronik © Leopold Walterskirchen

Leopold Walterskirchen, MED Promotionsprotokoll 1931-1942, Nr. 2067 © Archiv der Universität Wien M 33.13

Entlassung von Leopold Walterskirchen, 22. November 1939 © Archiv der Universität Wien RA GZ 467 ex 1939/40
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