Geb. am: | 01. Februar 1911 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Elisabeth BLUM, geb. am 1. Februar 1911 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Friedrich Blum (Kaufmann, 1882-1942) und Rosalia Blum, geb. Spitzer (1884-1942), wohnte mit ihrer Familie in Wien 2, Wohlmutstraße 27/6, hatte am 4. Juli 1931 am Bundesrealgymnasium in Wien 8 ihre Matura ("Reifeprüfung") abgelegt und anschließend im Wintersemester 1931/32 begonnen an der Philosophischen Fakultät Chemie zu studieren. Sie war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 13. und letzten Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Chemie.
Sie war konfessionslos, wurde aber nach dem "Anschluss" 1938 aus rassistischen Gründen als "Jüdin" gezwungen ihr Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen, konnte sich aber nach längerer Unsicherheit, doch noch am 13. Juli 1938 zu den Abschlussprüfungen ("Rigorosen") in Chemie anmelden und das "einstündige Rigorosum" bzw. "Philosophicum" am 27. Oktober 1938 absolvieren (Prüfer: Prof. Robert Reininger, Prof. Otto Tumlirz). Ihre Dissertation: "Untersuchungen über den Bernstein" (Betreuer: Prof. Ernst Späth, Prof. Anton Kailan) war am 10. Oktober 1938 approbiert worden und so konnte sie am 21. Oktober 1938 auch noch zum zweiten Rigorosum antreten (Prüfer: Prof. Ernst Späth, Prof. Anton Kailan, Prof. Egon Schweidler). Nach Bestehen dieser Prüfung konnte sie somit, nach längerer Unsicherheit, doch noch ihr Studium abschließen und am 31. Oktober 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.
Sie musste aus Österreich fliehen und konnte noch nach Großbritannien emigrieren. Die Gemischtwarenhandlung ihres Vaters in Wien 2., Große Mohrengasse 25 wurde "arisiert" (enteignet), ihre Eltern Ferdinand Blum (1882-1942) und Rosalia Blum (1884-1942) und Ihre jüngere Schwester Elfriede (1918-1942) wurden in eine jüdische Sammelwohnung in Wien 2, Ferdinandstraße 4 zwangsumgesiedelt und wurden am 15. Mai 1942 von dort nach Izbica/Polen deportiert – niemand aus diesem Transport hat überlebt. Ihr jüngerer Bruder Otto Leopold Blum (geb. 13.12.1912, 1925 aus der israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten) konnte noch in die Tschechoslowakei flüchten, wo er am 7. Oktober 1938 in Brünn [Brno] wieder zum Judentum konvertierte, aber weder er noch ihr Bruder Alfred Hans Blum (geb. 07.09.1916) überlebten die nationalsozialistische Verfolgung, nachdem sie an der Schweizer Grenze zurück in das Dritte Reich geschickt wurden.
Elisabeth Blum zog nach London, lernte den aus dem Deutschen Reich Vertriebenen Fritz Benjamin kennen, der an der Universität Karlsruhe Physik studiert hatte (er wurde als "enemy alien" in England nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges auf der Isle of Man interniert). Sie heirateten und bekamen einen Sohn. Elisabeth Blum konnte in England zwar nicht selbst wissenschaftlich arbeiten, wurde aber Übersetzerin technischer und naturwissenschaftlicher Texte.
Sie starb 1978/79 in England.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937-1938, Promotionsprotokoll PHIL 1938 Nr. 2859, Rigorosenprotokoll und -akt PHIL Nr. 14556; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 365; POSCH 2009, 367; DÖW 2001 (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Datenbank Shoah-Opfer); DÖW-Opferdatenbank (2020); freundlicher Hinweis ihrer Enkelin Louise Benjamin, 03/2021.
Herbert Posch