Geb. am: | 03. Jänner 1920 |
Fakultät: | Philosophische Fakultät |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Edith BLUMENFELD, geb. am 3. Jänner 1920 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Dr. Osias Heschel Blumenfeld (1889-1964, Rechtsanwalt) und der Süssla Blumenfeld, geb. Landau (1891-1975, Inhaberin der Textilhandlung Blumenfeld & Co), wohnte in Wien 1, Wipplinger Straße 21/12a. Sie hatte im Sommer 1937 in Wien 1., am Privat-Realgymnasium Luithlen die Reifeprüfung (Matura) abgelegt, und begann anschließend im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät zu studieren und belegte im 1. Studiensemester Vorlesungen in Romanistik, Kunstgeschichte und Chemie.
Sie wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen.
Ihre Mutter stammte aus dem polnischen Teil der Habsburger-Monarchie, ihr Vater aus dem galizischen [heute Ukraine] und beide kamen 1914 nach Wien, wo der Vater an der Universität Wien Rechtswissenschaften studierte und am 14. Dezember 1918 zum Dr.iur. promovierte. Kurz darauf heirateten die beiden im April 1919 in der Synagoge in der Tempelgasse in Wien und im Jänner 1920 wurde Edith geboren. Ihr Vater war ab März 1934 in Wien als Rechtsanwalt zugelassen und hatte eine eigene Kanzlei in Wien 1., Gonzagagasse 16.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten musste die Familie aus rassistischen Gründen aus Wien fliehen. Bereits im Mai 1938 suchten Edith Blumenfeld und ihre Eltern in der Auswanderungsabteilung der Jüdischen Kultusgemeinde um Unterstützung für eine Ausreise an. Edith gab dort nicht ihr begonnenes Universitätsstudium als Qualifikation an, sondern dass sie daneben in einer Schneiderakademie auch Schneiderei und Handschuhmachen erlernt (ihre Mutter war Inhaberin der Damenwäsche- und Blusenerzeugung und -handlung Blumenfeld & Co in Wien 1., Plankengasse 2). Ein Onkel (der Bruder der Mutter, Joe Landau) in New York und ein Großonkel (Josef Landau) in Kentucky, USA waren eine der Optionen um mit den Eltern und der jüngeren Schwester Sylvia (geb. 1924) entweder in die USA, nach Australien auswandern zu können. Der Vater durfte in Wien nicht mehr nicht mehr als Rechtanwalt arbeiten, Edith wurde von der Universität Wien vertrieben, suchte aber um einen Studienplatz an der Hebrew University in Jerusalem an.
Letztendlich schafften es der Vater und die beiden Kinder im August 1938 über die grüne Grenze nach Belgien zu emigrieren – die Mutter blieb vorerst in Wien – und von dort weiter nach Palästina [Israel], wo sie am 13. September 1938 ankamen und anfangs in Jerusalem lebten. Dort konnte sie auch ihre Universitätsstudien wieder aufnehmen. Doch nach wenigen Monaten musste sie die Studien wieder abbrechen um die Schwester und den Vater zu unterstützen, letzterer war in keiner guten Verfassung und konnte nur als Andenkenverkäufer ein geringes Einkommen erzielen, weshalb Edith Blumenfeld als Sekretärin und Maschinschreibkraft zu arbeiten begann um das Familieneinkommen aufzubessern. Später lebten sie in Tel Aviv und am 30. November 1941 erlangte sie die Staatsbürgerschaft im britischen Mandatsgebiet Palästina.
Der Vater kam später nach Wien zurück, war ab Februar 1950 wieder in Wien als Rechtsanwalt tätig und starb 1964 in Wien, wie auch seine Frau Zischka Lea Blumenfeld 1975.
Edith Blumenfeld starb am 6. November 1981 und ist mit den Eltern im Familiengrab in der Neuen Jüdischen Abteilung am Zentralfriedhof in Wien bestattet.
An sie und 20 weiterer Kunstgeschichte-Studierende wurde 2010 auch in der Ausstellung "Ausgegrenzt, Vertrieben, Ermordet" (22.1.-14.5.2010) am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien erinnert. Ihre Biographie wurde dabei versehentlich mit jener der ebenfalls in Wien geborenen Edith Blumenfeld (1921-2015) vermischt, die Ernst Prossnitz, später Peer (1914-2008), heiratete und mit ihm nach Australien emigrierte, wo sie unter dem Namen Peer lebten. Diese zufällige Namens- und Geburtsortgleichheit führte damals zu dieser Verwirrung, die auch einige Zeit im Gedenkbuch zu lesen war, aber 2023 richtiggestellt wurde.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937–1938; Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien/Heiratsmatrik 1919, Geburtsmatrik 1920, Auswandererkartei; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 366; SAUER/REITER-ZATLOUKAL 2010, 63, 96; Ausstellung "Ausgegrenzt, Vertrieben, Ermordet" 2010; www.genteam.at; www.myheritage.de; www.ancestry.de; freundlicher Hinweis von Dr.in Ruth Contreras, Wien 02/2023.
Herbert Posch