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Emanuel Treu

Geb. am: 08. August 1915
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende
Emanuel TREU, geb. am 8. August 1915 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Josef Treu (1887-19__, Stempelerzeuger) und Olga Treu (geb. Spitzer, 1892-1976), wohnte in Wien 17, Syringgasse 9/3/22. Er legte am Bundesrealgymnasium Wien 8, Albertgasse, 1933 die Reifeprüfung/Matura ab und begann im Wintersemester 1934/35 an der Universität Wien Jus zu studieren. Er war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Juridischen Fakultät im 8. Studiensemester inskribiert. Er wurde erst Anfang Juni für das Sommersemester 1938 im Rahmen des 2%-Numerus clausus für jüdische Studierende zum Weiterstudium bzw. Studienabschluss bis Semesterende bis Semesterende zugelassen, letztendlich wurde er aber im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen. Emanuel Treu war engagiert in der österreichischen Pfadfinderbewegung und wurde nach dem "Anschluss" im März 1938 von der Wiener GESTAPO verhaftet. Vor einer weiteren Verhaftung gelang ihm die Flucht in die Schweiz, wo er sein Jusstudium in Genf am "Institut des hautes études internationales et du développement" fortsetzen und nach Erleichterung seiner Internierungsbedingungen ab 1942 gegen Kriegsende auch abschließen konnte. Seinen Eltern war Ende 1939 die Flucht über Genua in die USA nach New York geglückt und auch er bemühte sich - allerdings erfolglos - um eine Emigration in die Vereinigten Staaten von Amerika. Am 23. November 1942 heiratete er in Basel die Schweizerin Marie-Louise-Justine Bader (geb. 1914). In seiner Zeit in der Schweiz trat er auch zum evangelischen Glauben über.
Er war auch im antifaschistischen Widerstand aktiv und neben Otto und Fritz Molden war er eine wichtige Schnittstelle zur Widerstandsbewegung "O5" in der Schweiz und im direkten Kontakt mit dem "OSS Büro in Bern" (unter Leitung des spätere CIA Direktors Allen Dulles). Nach Kriegsende kehrte er im Frühjahr 1945 aus der Schweiz wieder nach Wien zurück, wo er im Februar 1946 Mitarbeiter im Amt für Auswärtige Angelegenheiten (Bundeskanzleramt) wurde. Als parteiloser Sekretär von Außenminister Dr. Karl Gruber war er in die Klärung der Südtirol-Frage involviert und wurde 1947 an die "Politische Vertretung Österreichs" in Belgrad versetzt mit der Aufgabe, die österreichischen Kriegsgefangenen in Jugoslawien auszuforschen und frei zu bekommen, was ihm trotz zahlreicher Schwierigkeiten bis 1951 gelang. Im April 1948 heiratete er in Jugoslawien Christina Popovic, und bald wurden die Söhne Thomas (1949, später Brigadier und Sanitätschef im österreichischen Bundesheer) und Martin (1954, später Fotograf) geboren.  Emanuel Treu war als Diplomat ab 1953 Österreichischer Botschafter in Rio de Janeiro, Brasilien, und ab 1955 auch noch Vertreter der österreichischen Botschaft in Bogotá, Kolumbien, und österreichischer Gesandter der Botschaft in Venezuela. 1959/60 bis 1965 war er wieder in Genf und als Österreichischer Vertreter im Dienste der Vereinten Nationen/UNO in Genf angelobt und arbeitete auch für das Internationale Rote Kreuz, die Internationale Arbeitsorganisation ILO und die Weltgesundheitsorganisation WHO und war auch Leiter der österreichischen Delegation der 1960 gegründeten Europäischen Freihandelsassoziation EFTA in Genf und der offizielle Vertreter Österreichs im Rat der EFTA. Ab 1968 war Botschafter Dr. Emanuel Treu in Wien mit der Leitung der neuerrichteten Abteilung des Aussenministeriums "Büro für internationale Konferenzen und Organisationen" beauftragt und beriet die Direktoren der in Wien ansässigen UNO-Organisationen UNIDO und IAEO und war mit der Projektbegutachtung und dem Bau der UNO-City in Wien betraut.
Ab 1974 war er auch Lehrbeauftragter der Diplomatischen Akademie in Wien und 1975-1976 deren Direktor. Er war Träger zahlreicher Auszeichnungen, u.a. des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich (1968), des Kolumbianischen Ordens del Mèrito Industrial (1955), des Kommandeurkreuzes des kolumbianischen Ordens San Carlos (1957) und des Komturkreuzes des brasilianischen Ordens Cruzeiro do Sul (1959). Botschafter Dr. Emanuel Treu starb am 13. August 1976 in Wien.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale IUR 1937-1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 490; Elisabeth EULER, Antifaschismus und Widerstand in Österreich anhand der drei Biographien Raoul Bumballa, Emanuel Treu, Albrecht Gaiswinkler und die Rezeption in der 2. Republik, ungedr. phil. Diss. Univ. Wien, Wien 2014, 112-153; Rudolf AGSTNER/Gertrude ENDERLE-BURCEL/Michaela FOLLNER (Hg.), Österreichs Spitzendiplomaten zwischen Kaiser und Kreisky - Biographisches Handbuch der Diplomaten des Höherenen Auswärtigen Amtes 1918 bis 1959, Wien 2009; freundlicher Hinweis seines Sohnes Prof. Dr. Thomas Treu, Wien 12/2020.


Herbert Posch


Nationale von Emanuel Treu, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Emanuel Treu, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Emanuel Treu, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Emanuel Treu, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien
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