Maria Flora Stricker-Barolin (geb. Barolin)
Geb. am: |
15. Juli 1886 |
Fakultät: |
Philosophische Fakultät |
Kategorie: |
Vertriebene WissenschafterInnen |
Maria Flora STRICKER-BAROLIN, geb. am 15. Juli 1886 in Wien/Österreich, gest. 1962 in Wien/Österreich, war 1938 Universitätslektorin für ärztliche Überwachung der Frauen in der TurnlehrerInnenausbildung an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien.
Sie wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt, da ihr Ehemann nach NS-Kriterien als Jude galt, ihres Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.
Flora Barolin promovierte am 23. Dezember 1910 an der Universität Wien zur "Dr. med." (und gehört in vielem zur Pioniergeneration des Frauenstudiums – sie war, 10 Jahre nach Öffnung der Universität auch für Frauen, die 141. Frau, die an der Universität Wien promovierte und die 48., an der Medizinischen Fakultät), und war seit 7. Oktober 1920 mit Dr. med. Oskar Stricker (1886-1972) verheiratet. Beide nahmen nach der Heirat 1921 den Doppelnamen "Stricker-Barolin" an. Sie war die erste chirurgische Oberärztin in Wien, und zwar an der I. Chirurgischen Abteilung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses bei Professor Konrad Büdinger (1867-1944), einem Billroth-Schüler. Sie war auch Fachärztin für Gynäkologie und hatte seit Oktober 1924 eine Praxis in Wien 7., Apollogasse 8, wo auch ihr Mann, der Urologe war, seine Praxis eröffnete. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Dr.med. Eva Barolin-Stricker (1921-2014); Martha (geb. 1924), Dr.med. Gerhard Barolin-Stricker (1929-2011).
1938 wurde ihr im Nationalsozialismus nicht nur ihre Stelle als Universitätslektorin an der Universität Wien aberkannt, sondern auch ihr Krankenkassenvertrag, da ihr Ehemann nach NS-Kritierien als "Jude" gilt und sie einer Scheidung nicht zustimmt. Oskar Stricker-Barolin darf nach dem "Anschluss" seine Arztpraxis nicht mehr weiterführen sondern als "Krankenbehandler für Juden" nur noch Juden behandeln. Die "privilegierte Mischehe mit Arierin" schützt ihn anfangs, als er aber in den Widerstand geht und am 24. Oktober 1944 von der Gestapo verhaftet und gefoltert wird, um Mitwisser auszuforschen, begeht er in der Haft einen Suizidversuch (Sprung aus 4. Stock) um nicht Gefahr zu laufen andere unter der Folter zu verraten, den er aber überlebt und kommt als Gestapo-Häftling in Isolierhaft im Spital der Jüdischen Kultusgemeinde in der Malzgasse 16, wo er die Befreiung Wiens im April 1945 erlebt.
Nach 1945 ist er wieder als Urologe in gemeinsamer Praxis mit seiner Frau Flora Stricker-Barolin in der Apollogasse, die ab 1943 auf Kriegsdauer kriegsverpflichtet in eigener Praxis wurde. Er wurde ab 1949 Primarius am Wiener Sophienspital.
Flora Barolin-Stricker stirbt 1962 in Wien und ist auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Lit.: Personalstand der Universität Wien 1937/38, 87; FIGDOR 2007, 191-192.
Herbert Posch