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Oskar Stein

Geb. am: 13. November 1910
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene Studierende

Oskar STEIN, geb. am 13. November 1910 in Ungarisch Prodersdorf, Kgr. Ungarn/Österreich-Ungarn [Leithaprodersdorf, Burgenland/Österreich) (heimatberechtigt in Leithaprodersdorf/Burgenland, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Dr. Oskar Stein (1879-1931, Kreisarzt) und Karoline Stein, geb. Koller (1892-1934) sein Vater konvertierte vor der Verehelichung 1910 vom Judentum zum röm.-kath. Glauben. Oskar Stein besuche das Gymnasium in Ödenburg [Sopron/Ungarn] wo er 1928 die Reifeprüfung (Matura) ablegte. Anschließend begann er an der Universität Wien Medizin zu studieren, musste aber nach dem Tod der Eltern aus finanziellen Gründen das Studium immer wieder unterbrechen. 1935 musste er auch das Maturazeugnis nostrifizieren lassen und legte die Matura nun am Bundesrealgymnasium in Wien 4 ab. Er wohnte 1937/38 in Wien 1, Gonzagagasse 19/10, und war im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 5. anrechenbaren Studiensemester inskribiert

Er galt als "Mischling 1. Grades" (wusste aber 1938 nichts von der jüdischen Abstammung seiner Vaters und dessen Vorfahren) und konnte sein Studium – bei jederzeitigem Widerruf – nur vorläufig fortsetzen.

Er konnte im Juni 1938 noch das erste medizinische Rigorosum ablegen und wurde am 7. Juni 1938 gemustert und in der Deutschen Wehrmacht der Eratzreserve 1., Infanterie, Sanität zugeteilt aber noch nicht eingezogen.

Er war im 10. und letzten Semester, als "Mischlinge" ab dem 1. Trimester 1940 je individuell ein Gesuch an das Reichserziehungsministerium Berlin um Studienzulassung stellen mussten, und so stellte er am am 10 April 1940 ein Ansuchen zur Fortsetzung bzw. Beendigung seines Studiums ein (er lebte damals in Wien 9., Nussdorfer Straße 77/10).

Gemäß Vorschrift legte der Dekan der zuständigen Medizinischen Fakultät, Prof. Eduard Pernkopf, dem Antrag ein mit 26. April 1940 datiertes Gutachten, das "insbesondere auf den persönlichen Eindruck über die Persönlichkeit und das Aussehen des Gesuchstellers einzugehen [hatte]. Dabei ist zu erwähnen, ob und inwieweit Merkmale der jüdischen Rasse beim Gesuchsteller äußerlich erkennbar sind." [Erlass des Reicherziehungsministeriums, 5. Jänner 1940]. Er stellte fest: "wurde heute am Dekanate vorgeladen; der Eindruck, den ich gewinne, ist ein guter; am Exterieur ist kaum etwas Jüdisches zu entdecken. Er selbst erhielt erst jetzt die Kenntnis, dass er Mischling I. Grades ist. Der Gesuchsteller macht mehr einen rustikalen Eindruck."

Am 19. Juni 1940 und wurde das Rektorat von der Entscheidung des Berliner Reichserziehungsministerium nach Absprache mit dem Reichsinnenministerium, informiert, dass Oskar Stein „ausnahmsweise“ noch zur ärztlichen Prüfung nach alter österreichischer Studienordnung zuzulassen wäre, da er die Vorprüfung (1. Rigorosum) bereits im Juni 1938 bestanden hatte. Dabei sei er jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er als „Mischling 1. Grades“ keine Chance hätte, jemals die Bestallung (Berufszulassung) als Arzt im Deutschen Reich zu erhalten.

Nach bestandenem 2. und 3. Rigorosum wäre Oskar Stein am 18. September 1942 nach alter Studienordnung berechtigt gewesen zu promovieren.

Als die Wiener Reichsärztekammer Wien im April 1943 an das Medizinische Dekanat um eine Liste aller "Mischlinge" ersucht, die nicht promoviert wurden, wird "Stein Oskar, Leithaprodersdorf, noch nicht bewilligt" mit angeführt. Erst nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde er in der ersten Nachkriegspromotion am 8. Juni 1945 - rückwirkend per 18. September 1942 - nach der alten und nun wieder eingeführten österreichischen Studienordnung zum "Dr.med. univ." der Universität Wien promoviert.

Nach der Promotion wurde er 1945 von der Wiener Ärztekammer als praktischer Arzt zugelassen, war Hospitant an der II. Univ.-Frauenklinik, später Sekundararzt im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder und wohnte in Wien 9., Porzellangasse 43/25.

Er übersiedelte im Oktober 1948 nach Neusiedl am See, Burgenland, wo er künftig als Amts- und Kontrollarzt arbeitete und zum Landessanitätsrat ernannt wurde. Er war verheiratet mit Stefanie Stein (1906-1993).

Dr. Oskar Stein starb 1957 und ist im elterlichen Grab in Leithaprodersdorf, Burgenland, bestattet.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937-1939, Promotionsprotokoll MED 1942-1949, Nr. 1264, RA GZ 944 ex 1939/40/41, MED S 51/1, MED GZ 1115 ex 1939/40; Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA)/Ärztekammer Wien, K2/1 - Kartei: Ärztinnen und Ärzte; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 482; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2025; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 08/2024.


Herbert Posch


Oskar Stein, 1940, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Sommersemester 1938 (2. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Sommersemester 1938 (2. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Wintersemester 1938/39 (1. Formular Vorderseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Nationale von Oskar Stein, Wintersemester 1938/39 (1. Formular Rückseite), Foto: Herbert Posch, © Archiv der Universität Wien

Dekans-Gutachten Pernkopf über Oskar Stein 1940, © Archiv der Universität Wien

Gutachten NASAP-Ortsgruppenführer Leithaprodersdorf über Oskar Stein 1940, © Archiv der Universität Wien

MED Promotionsprotokoll 1942-1949, Nr. 1264, 8. Juni 1946 rückwirkende Promotion per 18. September 1942 © Archiv der Universität Wien M 33.14
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