Geb. am: | 31. Juli 1914 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Hans (Egon Felix, später: John Howard) SALZER, geb. 31. Juli 1914 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Sohn von Ing. Eduard Salzer (1879-1926, Direktor der AEG-Union) und Margarethe Salzer, geb. Glogau (1890-1973, in 2. Ehe am 12. April 1938 verh. m. Ernst Alexander, geb. 1899), wohnte in Wien 19, Pyrkergasse 13, war vom Wintersemester 1932/33 bis zum WS 1936/37 an der Medizinischen Fakultät inskribiert. 1938 befand er sich bereits im Stadium der Abschlussprüfungen.
Nach dem "Anschluss" 1938 war er aus rassistischen Gründen gezwungen sein Studium/sein Prüfungsverfahren abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen, konnte aber nach längerer Unsicherheit, doch noch am 21. Juli 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich. Das Diplom wurde von einem Stellvertreter übernommen, da Hans Salzer zu diesem Zeitpunkt bereits das Land verlassen hatte.
Sein jüngerer Bruder Robert Otto Erich Salzer (geb. 09.11.1918 in Wien), war am 24. September 1936 als Abiturient aus der Israelitischen Kultusgemeinde Wien ausgetreten, war Mitglied im Roten Studentenverband und begann im Wintersemester 1936/37 an der damaligen Hochschule für Welthandel Wirtschaft zu studieren. Er beteiligte sich dort auch an antifaschistischen Flugblattaktionen, wurde bei einer solchen Aktion im Mai 1937 verhaftet und für 6 Wochen in Arrest genommen und anschließend mit zwei Jahren Studienverbot an allen österreichischen Hochschulen bestraft. Er verließ daraufhin das austrofaschistische Österreich, ging nach Spanien und kämpfte dort auf der republikanischen Seite gegen den Faschismus im Spanischen Bürgerkrieg. Am 28. September 1937 war er in Madrigueras, danach verliert sich seine Spur. Ende Dezember 1940 wurde ihm die deutsche Staatszugehörigkeit aberkannt und sein Vermögen zu Gunsten des Dritten Reichs eingezogen, es ist aber unklar, ob er zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war. Er wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien am 8. Oktober 1948 für tot erklärt und als Todesdatum wurde der 31. Juli 1938 festgesetzt.
Hans Salzer musste nach dem "Anschluss" aus Wien fliehen, doch wurde er am 23. April 1938 von der Gestapo verhaftet und im Polizeigefängnis Elisabethpromenade inhaftiert und musste unter Aufsicht der Waffen-SS im Arsenal in Wien 11 schwere körperliche Arbeiten ausführen. Haus und Vermögen der Familie wurde enteignet ("arisiert"). Es gelang seiner Mutter aber, U.S.-Visa für sich und ihn in der U.S. -Botschaft in Wien zu erhalten, sie heiratete am 12. April in der Synagoge in der Tempelgasse in Wien den 1899 in Wien geborenen Ernst Alexander/Alexandre, de rüber einen britischen Pass verfügte und wurde damit Britische Staatsbürgerin und konnte die Emigration weiter vorbereiten. Nachdem Hans Salzer am 9. Mai 1938 aus der Haft entlassen wurde, konnte er mit seiner Mutter zwei Tage später Wien in Richtung Paris/Frankreich verlassen. In Paris mussten sie bis 25. Mai ihre Schiffspassage abwarten, bevor sie mit der SS Normandie über Le Havre/Frankreich in die USA emigrieren konnten, wo sie am 30. Mai 1938 in New York, NY, ankamen. In den USA ließ sich seine Mutter drei Monate nach der Heirat wieder scheiden.
Hans Salzer hatte bereits im September 1938 die Prüfung "English for Foreigners" an der State University of New York erfolgreich abgelegt, lebte 1938-1942 in New York City, NY und vervollständigte seine medizinischen Ausbildung an verschiedenen Spitälern und Krankenhäusern u.a. war er Ende 1938 intern am St. Fancis Hospital in Wilmington, Del., im ersten Halbjahr 1939 am Beekman Hospital, NYC, und 1940-1941 am Jewish Hosptial of Brooklyn, NYC und erhielt seine medizinische Approbation ("licence") in NY. 1942-1962 lebte und arbeitete er in Bellmore, NY, und war als praktischer Arzt (G.P.) in Nassau county, NY, registriert.
Er heiratete am 23. Dezember 1939 in Bronx, NYC/NY die Amerikanerin und Medizintechnikerin Bella Hershberg (1915-1967) und sie hatten drei Kinder, Sohn Edward Salzer (1943), Sohn Peter Salzer (1945) und Tochter Kathy Salzer (1948), verh. Neiss. Er wurde im Oktober 1940 in New York für die U.S.-Army gemustert. Er wurde am 26. August 1943 in New York U.S.-amerikanischer Staatsbürger, wobei sein Vorname offiziell in "John Howard" geändert wurde.
Als seine erste Frau 1967 starb - sie arbeitete am Jewish Center Merrick - lebten die Kinder bereits in Boston (Peter), Los Angeles (Edward) bzw. noch in Merrick (Kathy), die Praxis von John H. Salzer war damals in Bellmore.
In zweiter Ehe heiratete er die aus Wien emigrierte Gertrude Mautner (geb. 1922) und sie lebten in Long Island.
In einem Antrag auf Entschädigung für Berufsschäden führte er 1962 an:
"Ich hatte beabsichtigt, nach meiner Promotion zu spezialisieren und Chirurgie zu studieren. Infolge der Emigration mußte ich ein allgemeiner Arzt werden, statt ein Chirurg. Dies bedeutet einen großen Verdienstentgang während vieler Jahre."
Dr. John H. Salzer, geb. Hans Egon Felix Salzer, starb am 5. August 1972 in Nassau, NY/USA und ist bestattet am New Montefiore Cemetery in West Babylon, Suffolk County, NY (USA).
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1932-1938, Promotionsprotokoll MED 1929-1941, Nr. 4113; Archiv der Wirtschaftsuniversität Wien/Karteikarte Disziplinarmaßnahmen Robert Salzer, Inskriptionsprotokoll Robert Salzer Nr. 19480, Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/NHF, OeStA/AdR/E-uReang/FLD 16153 und 30142; POSCH 2009, 370 ; https://www.myhertiage.at; https://www.ancestry.de; VHA-Interview mit Gertrud Salzer, geb. Mautner, am 1. April 1997 in Springfield, NJ/USA; freundliche Hinweise von Dr.in Barbara Sauer, Wien 12/2024 und von Pd. Dr. Johannes Koll, WU Wien, 12/2024.
Herbert Posch