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Karl Safar

Geb. am: 11. Februar 1892
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen

Karl SAFAR, geb. am 11. Februar 1892 in Wien, gest. am 22. November 1963, war 1938 Privatdozent für Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.

Er wurde im Nationalsozialismus aus politischen und rassistischen Gründen verfolgt, 1938 wurde seine Venia legendi widerrufen und er am 2. Dezember 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.

Safar besuchte das Piaristengymnasium sowie das Döblinger Gymnasium in Wien, maturierte 1911 und begann anschließend sein Medizinstudium an der Universität Wien, das er kriegsbedingt unterbrechen musste. Er nahm von 1914 bis 1918 als Sanitätsleutnant am Ersten Weltkrieg teil, wobei er v. a. feldchirurgisch tätig war. Nach Ende des Krieges nahm er sein Studium wieder auf und promovierte am 24. März 1920 zum Dr. med. Im Mai des gleichen Jahres trat er als Hilfsarzt an der I. Universitätsaugenklinik seinen Dienst an und arbeitete von Oktober 1922 bis September 1930[1] ebenda als klinischer Assistent. Nach Ablauf seiner Assistentenzeit musste er die Klinik verlassen, wobei sich Safar nun verstärkt auf seine Privatpraxis konzentrierte.[2] Im März 1933 konnte er sich mit der Arbeit "Behandlung der Netzhautabhebung mit multipler diathermischer Stichelung"[3] an der Universität Wien habilitieren. Zwei Jahre später übernahm er die Augenstation im Wiener Kaiserin-Elisabeth-Spital[4] wie auch im Krankenhaus Wieden.[5]

Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich war er vorerst keinen Maßregelungen ausgesetzt. Jedoch erfolgte per 2. Dezember 1938 der Widerruf seiner venia legendi,[6] da seine Frau gemäß der "Nürnberger Rassengesetze" als "Mischling 1. Grades" galt.[7] Der NSD-Dozentenbund an der Universität Wien bezeichnete ihn nichtsdestotrotz als "gute[n] Augenarzt", gegen den "[c]harakterlich [...] keine Einwände" bestünden.[8] Gleichwohl wandte sich der Dozentenbund ebenso wie das Dekanat gegen eine Wiederverleihung der venia bzw. die Ernennung zum "Dozenten neuer Ordnung". Überdies sprachen sich der Dekan wie auch der stellvertretende Dekan der medizinischen Fakultät gegen einen Weiterverbleib Safars als Arzt aus, so Otto Reisch (Reichsstatthalterei), sollten doch "die Abteilungen der Städtischen Krankenanstalten [...] von Ärzten besetzt [sein], die in möglichst engen Beziehungen zur Medizinischen Fakultät stehen". Darüber hinaus lastete ihm Reisch auch den Zeitpunkt seiner Ernennung zum Primarius an: Safar habe nämlich – genauso wie Heidler und Zdansky – sein Primariat "erst in der Systemzeit unter Ausschaltung aller national gesinnten Konkurrenten erhalten [...], was eindeutig beweis[e]", dass er "das Vertrauen der christlichsozialen Machthaber genossen habe[n]".[9]

Tatsächlich wurde er wenig später, Ende Dezember 1939, gemäß § 3 der Berufsbeamtenverordnung bzw. wegen "jüdischer Versippung"[10] als Primararzt in den Ruhestand versetzt. Der Karteikarte im Reichsärzteregister ist zu entnehmen, dass er bereits im Juli 1939 als Kassenarzt "gestrichen" worden war.[11]

Bereits im folgenden Jahr, 1940, erfolge allerdings die Verpflichtung zum Notdienst, wobei er vorerst die Augenstation im damaligen Robert-Koch-Krankenhaus (Kaiser-Franz-Joseph-Spital) und nach dessen Zerstörung die Augenabteilung in der Rudolfstiftung übernahm.[12] Safar hatte übrigens – laut Auskunft der Ärztekammer Wien vom 8. Oktober 1945 – dem Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK) als Mitglied angehört,[13] was er im Personalblatt vom 22. Mai 1945 verschwieg.[14]

Noch 1945 konnte er an die Universität Wien zurückkehren: Das Staatsamt für Volksaufklärung verlieh ihm am 22. August 1945 die venia docendi wieder,[15] zwei Monate später erhielt er den Titel eines ao. Prof.[16] Im Jahr darauf übernahm er zudem für die Dauer der Enthebung des NS-belasteten Arnold Pillat die Leitung der I. Universitätsaugenklinik[17] ebenso wie die erforderlichen Vorlesungen und Übungen. Indes konnte er 1946 wiederum die Leitung der Augenabteilung des Krankenhauses der Stadt Wien in Lainz übernehmen, wobei er hier bis zu seinem Tod als Primarius wirkte.[18]

Safar zählte zu den Pionieren der Elektrochirurgie des Auges. Wesentliche Bedeutung erlangte er v. a. durch seine multiple diathermische Stichelung des Rissgebietes bei der Netzhautabhebung, womit die Krankheit in 70 Prozent der Fälle geheilt werden konnte. Das zuvor angewandte Golinsche Verfahren hatte nur eine Erfolgsquote von 25 bis 30 Prozent zu verzeichnen gehabt. Als Erstem gelang Safar, mit von ihm konstruierten Elektroden intraoculare Epithelcysten zu veröden.[19]

Lit.: Bundesarchiv Berlin/Reichsärzteregister; Österreichisches Staatsarchiv/AdR, BKA, BBV, PA Safar, Österreichisches Staatsarchiv/AVA, PA Safar; Archiv der Universität Wien/MED GZ 1200 ex 1938/39; MERINSKY 1980, 214-215; UB MedUni Wien/van Swieten BlogMÜHLBERGER 1993, 30; TRAGL 2007; Josef Böck, Nachruf, in: Die  Feierliche Inauguration des Rektors der Wiener Universität für das Studienjahr 1964/65, Wien 1965, 47-48.


[1] ÖStA/AVA, PA, Curriculum vitae, o. D.

[2] Josef Böck, Nachruf, in: Die Die Feierliche Inauguration des Rektors der Wiener Universität für das Studienjahr 1964/65, Wien 1965, 47-48.

[3] ÖStA/AVA, PA, Curriculum vitae, o. D.

[4] Böck, Nachruf, 47-48.

[5] Karl Heinz Tragl, Chronik der Wiener Krankenanstalten, Wien – Köln – Weimar 2007, 539.

[6] Kurt Mühlberger, Dokumentation "Vertriebene Intelligenz 1938". Der Verlust geistiger und menschlicher Potenz an der Universität Wien von 1938 bis 1945. 2. Auflage, Wien 1993 (1990), 31.

[7] Vgl. BArch, Reichsärzteregister.

[8] UA, MED GZ 1200-1938/39, "Gutachten des NSD-Dozentenbundes der Universität Wien über Dozenten der medizinischen Fakultät, die Mischlinge II. Grades bez. jüdisch versippt sind", 7. 7. 1939.

[9] Ebd., Der Staatskommissar beim Reichsstatthalter/Otto Reisch an Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, 31. 7. 1939.

[10] ÖStA/AdR, BKA, BBV, Reichsstatthalterei an Safar, 24. 11. 1939.

[11] BArch, Reichsärzteregister.

[12] Böck, Nachruf, 47-48.

[13] UA, PA, O.-Nr. 2, Auskunft der Ärztekammer Wien, 8. 10. 1945.

[14] Ebd., O.-Nr. 1, Personalblatt, 22. 5. 1945.

[15] Ebd., MED DA 160-1944/45, BMU an MED Dekanat, 22. 8. 1945.

[16] Ebd., BMU an MED Dekanat, 25. 11. 1945.

[17] ÖStA/AdR, PA, BMU an MED Dekanat, 6. 3. 1947.

[18] UA, PA, O.-Nr. 4, MED Dekanat an Rektorat, 3. 12. 1963.

[19] Böck, Nachruf, 47-48.

Andreas Huber

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