Geb. am: | 04. Oktober 1913 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Isak RUBINGER, geb. am 4. Oktober 1913 in Stanislau, Galizien/Österreich-Ungarn [später: Stanisławów/Polen, heute: Iwano-Frankiwsk|Івано-Франківськ/Ukraine] (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Meschulim Rubinger (1887–?, Stricker) und Minka Sissel Rubinger, geb. Grünberg (1887–?, Strickerin), lebte seit 1917 in Wien und wohnte 1938 in Wien 10, Ettenreichgasse 6/15, war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 8. Studiensemester inskribiert, das ihm aber nicht mehr angerechnet wurde.
Er wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen (Abgangszeugnis ausgestellt am 24. Juni 1938).
Obwohl sein Vater für die gesamte Familie schon im Mai 1938 um Unterstützung für die Ausreise in USA bei der Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde ansuchte, dürfte die Emigration nicht gelungen sein, aber er dürfte in Wien überlebt haben, denn er wird 1944 in einer Liste von Medizinern geführt, die ab Sommer 1944 die 6.000 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter*innen ärztlich mitbetreute, auch wenn er noch kein promovierter Arzt war. Er hat u.a. auch im Rothschild-Spital gearbeitet, da er 1945 als Zeuge gegen Dr. Emil Tuchmann aussagte, den verhafteten Vertrauensarzt des Ältestenrates der Juden in Wien sowie der Gestapo, dem von einigen jüdischen Opfern vorgeworfen wurde, Mitarbeiter des Rothschild-Spitals, die sich nicht an die Vorschriften hielten, zur Deportation preisgegeben zu haben, der aber auch von Ärzten und Belegschaft des Spitals verteidigt wurde:
„Wenn Dr. T. jemals auf einen Gruss eines Angestellten gedankt hat, dann musste er schon sehr gut aufgelegt gewesen sein. Die Spitalsangestellten wurde[n] durch T. in unflätigster Weise traktiert und jeder dieser Leute kann und wird bestätigen, dass niemand so gefürchtet war, [sic] wie Dr. Tuchmann, obwohl er doch auch nur Jude gewesen ist. […] so kann man behaupten, dass es nur von T. abhängig war, ob jemand zum Transport eingeteilt wurde, ich verbessere, als unabkömmlich reklamiert wurde oder nicht. Mir ist kein Fall bekannt, wo jemand von [sic] seiner Evakuierung rechtzeitig gewarnt worden wäre, so, dass er hätte als U-Boot weiterleben können.“ (Niederschrift Isak Rubinger, 10. 9. 1945, DÖW 17142 a, Polizeidirektion Wien, Staatspolizei, Ref. II D, zit.n. Angetter/Kanzler 2017, 65)
Isak Rubinger muss mehrmals in Wien umziehen: 1940 wohnte er in Wien 17. Artariagasse 5, 1941 in Wien 9., Liechtensteinstraße 73/6, 1942 in Wien 2., Zirkusgasse 15/3/36, ab August 1943 in Hafnergasse 5/11, Ende Dezember 1943 in Wien 2., Leopoldsgasse 9/2/9, nach Kriegsende übersiedelte er am 16. Mai 1945 nach Wien 9., Alserbachstraße 17/12.
Am 19. Juli 1946 promovierte Isak Rubinger an der Universität Wien zum "Dr.med.univ" (im Promotionsprotokoll ist der Geburtsort allerdings mit "Knihinin in Rußland, heimatzuständig nach Wien" angegeben). Er ließ seinen Vornamen im Jänner 1947 amtlich von "Isak" auf "Erich" ändern und wurde Anfang Juni 1947 in die Lungenheilstätte Baumgartner Höhe in Wien 14., Sanatoriumsstraße 2 aufgenommen, wo er sechs Wochen später verstarb.
Dr. Erich (geb. Isak) Rubinger starb am 11. August 1947 in der Lungenheilanstalt in Wien 14 und wurde am Wiener Zentralfriedhof/Neuer Jüdischer Friedhof (Tor 4) beigesetzt.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1937–1938, Promotionsprotokoll MED 1941–1949, Nr. 1472; DÖW 17142 a; Wiener Stadt- und Landesarchiv/Ärztekarteikarten; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 462; Eleonore LAPPIN, Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944, Wien/Berlin/Münster 2010, 84; Helga EMBACHER, Viennese Jewish Functionaries on Trial. Accusations, Defense Strategies, and Hidden Agendas, in: Laura Jockusch & Gabriel N. Finder (Hg.), Jewish Honor Courts: Revenge, Retribution, and Reconciliation in Europe and Israel after the Holocaust, Detroit 2015, 182, 196; Daniela ANGETTER u. Christine KANZLER, "… sofort alles zu veranlassen, damit der Jude als Arzt verschwindet". Jüdische Ärztinnen und Ärzte in Wien 1938–1945, in: Herwig Czech u. Paul Weindling, Österreichische Ärzte und Ärztinnen im Nationalsozialismus (=DÖW-Jahrbuch 47), Wien 2017, 47-66, 65; Michaela RAGGAM-BLESCH, Zwischen Rettung und Deportation. Jüdische Gesundheitsversorgung unter der NS-Herrschaft in Wien, in: ebd., 67-88, 86; REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2025; freundlicher Hinweis Dr.in Barbara Sauer, Wien 07/2024.
Herbert Posch