Ella Rothfeld, geb. Bier, verh. Abraham
Geb. am: |
07. Juni 1916 |
Fakultät: |
Philosophische Fakultät |
Kategorie: |
Vertriebene Studierende |
Ella ROTHFELD (geb. BIER, verh. ABRAHAM), geb. am 7. Juni 1916 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Moses Bier (Kaufmann in St. Gallen/Schweiz) und Anna (Hanya) Bier, geb. Kaner/Kerner (1886-1963), wohnte bei ihrer Tante in Wien 9, Dreihackengasse 6. Die Familie war aus ökonomischen Gründen 1929 von Wien in die Schweiz ausgewandert, aber Ella Bier kam nach Wien zurück um hier ihre Reifeprüfung (Matura) abzulegen und an der Universität Wien Psychologie zu studieren. Das Sommersemester 1937 hatte sie in der Schweiz an der Universität Zürich verbracht und hatte am 1. August 1937 in Wien 2., Pazmanitentempel, ihren Kommilitonen, den Medizinstudenten
Edmund Rothfeld (1915-1997) geheiratet und war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 4. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Psychologie.
Sie wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen, ebenso wie ihr Mann.
Sie konnte mit ihrem Mann am 14. Mai 1938 mit einem Studentenvisum noch rechtzeitig das Land verlassen und zu ihren Eltern nach St. Gallen in die benachbarte Schweiz emigrieren wo sie ihr Psychologiestudium an der Universität von Lausanne vorerst fortsetzte, nachdem ihr Mann
Edmund Rothfeld an der selben Universität 1939 sein Medizinstudium noch abschließen und zum "Dr. med." promovieren konnte, bereiteten sie aber ihre Emigration aus Europa vor, ohne dass sie ihr Studium noch abschließen konnte. Gemeinsam konnten sie im Jänner 1940 über Genua/Italien mit der
SS Rex in die USA ausreisen, und kamen am 12. Jänner 1940 in New York, NY, an, wo ein Cousin ihres Mannes, Pinkas Samuel, lebte.
Ihre Eltern emigrierten später aus der Schweiz ebenfalls in die USA, wie auch ihre Schwester Lilly (1922-1971, später verheiratet mit Dr. med. Gottfried Krupnik).
Ihre Schwiegereltern konnten aber nicht mehr rechtzeitig aus Wien flüchten und wurden 1941 nach Litzmannstadt [Łódź] im deutsch besetzten Polen deportiert und dort ermordet.
Ella Rothfeld arbeitete in New York anfangs als Psychologin in eigener Praxis, zog aber mit ihrem Mann und seinen wechselnden Internships und Anstellungen mehrfach um, von Lackawanna, NY, nach Buffalo, NY, Dayton, OH und schließlich nach Cincinnati, Ohio, wo ihr Mann am
Non-Sectarian Hospital und an der
Cincinnati General Hospital heart clinic arbeitete. 1945 wurde er im
United States Public Health Service als senior assistant surgeon aufgenommen und behandelte dort primär die Soldaten der Küstenwache und der Handelsmarine in Charleston, South Carolina. Sie wurde am 20. März 1945 U.S.-Staatsbürgerin.
Sie hatte mit Edmund Rothfeld zwei Kinder: Katie R. Rothfeld (Leon Spitz) und Anita J. Rothfeld (verh. m. Bob Schneider, Richmond, VA). Sie arbeitete in verschiedensten Berufen, vom Dienstmädchen über Arzthelferin (practical nurse), Eisverkäuferin (ice cream maker), telegraph opreator der
Western Union und schließlich machte sie noch eine Ausbildung zur Anlageberaterin und Kundenbetreuerin (accountant executive, stoke broker) an der
New York Stock Exchange und begann danach 1963 in der Investmentfirma
Westheimer & Co. in Cincinnati als Finanzberaterin zu arbeiten. Wenige Monate später starb ihre Mutter und 1965 wurde die Ehe mit
Dr. Edmund Rothfeld geschieden. Sie war ab 1964 beim Aufbau des Westheimer-Ablegers
Hayden, Stone & Co. beteiligt und wechselte 1968 zu
Walston & Co Inc., alle Finanzberatungen in Cincinnati. Sie heiratete 1969 in zweiter Ehe den seit 1968 verwitweten und 1933 aus Berlin emigrierten Dr. Martin Abraham (1901-1981) und lebte mit ihm weiter in Cincinnati, Ohio/USA.
Ella Abraham, geb. Bier, gesch. Rothfeld, starb im Alter von 101 Jahren am 8. März 2018 in Cincinnati, Ohio/USA und ist am Walnut Hills Jewish Cemetery in
Evanston,
Ohio/
USA bestattet.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1937–1938; NY State Journal of Medicine (1946), 2662; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 462; The Cincinnati Enquirer, May 8, 1965, The Cincinnati Enquirer, Nov 8, 1967, The Cincinnati Post, Oct 10, 1983, The Cincinnati Enquire March 8 & 10, 2018; Oral History interview 1981 (USHMM | https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn511357 ); www.geni.com; www.genteam.at; www.ancestry.de.
Herbert Posch