Geb. am: | 06. Jänner 1914 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Vertriebene Studierende |
Hubert (Friedrich Herbert) Robicsek, geb. am 6. Jänner 1914 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich, Muttersprache: deutsch, Volkszugehörigkeit: Österreich, Religion: röm.-kath.), Sohn von Dr. med. Karl Robicsek (1879-1966, Zahnarzt in Baden und Wien 1., Maysedergasse 5), und Hermine Robicsek, geb. Westel (1890-1914), wohnte in Baden, Josef Höflegasse 3 bzw. in Wien 1., Maysedergasse 5, begann nach bestandener Reifeprüfung (Matura) 1934 an der Universität Wien Medizin zu studieren und war im Wintersemester 1937/38 im 7. Studiensemester.
Von Jänner bis 16. April 1938 war er zum Wehrdienst beim Österreichischen Bundesheer eingerückt, wurde nach dem "Anschluss" aber durch die Deutsche Wehrmacht nicht übernommen, da er vorerst nicht die arische Abstammung aller Großeltern nachweisen konnte. Er nahm das Studium erst 1939 wieder auf, als er alle vier Großeltern als röm.-kath. getauft nachweisen konnte und legte am 22. Juli 1941 das 1. Rigorosum erfolgreich ab. Danach stellte sich heraus, dass zwei der Großeltern zwar getauft, aber nach NS-Rassekriterien "jüdisch" waren und das Gausippenamt Wien entschied, dass er als "Mischling 1. Grades" zu gelten habe.
Dementsprechend musste Hubert Robicsek einen Antrag auf Zulassung zum Weiterstudium stellen, wurde dabei aber vom Dekan der Medizinischen Fakultät Eduard Pernkopf und Rektor Fritz Knoll sehr unterstützt, die u.a. beim Reichserziehungsministerium (REM) Berlin am 17. Oktober 1942 nachfragten, ob Robicsek unter die Ausnahmeregelung des Reichserziehungsministeriums (REM) Erlass WJ 1170 (b) vom 22. Juni 1942 fallen und weiter studieren könnte, wobei der Dekan betonte, Robicsek "macht einen guten Eindruck und ist nichts Jüdisches seinem Aussehen zu entnehmen" und der Rektor führte ins Treffen, dass auch der Vater, Dr. Karl Robicsek, obwohl "Mischling", "schon vor längerer Zeit die Erlaubnis erhalten hat, seine ärztliche und besonders zahnärztliche Praxis in der gleichen Weise auszuüben wie ein Vollarier, sodaß es nun vielleicht unbillig erscheinen würde, wenn der Sohn gehindert würde, sein Medizinstudium fortzusetzen und zu beenden." Weiters führt der Rektor an, er habe persönlich die entsprechende Belege der kassenärztlichen Praxis des Vaters eingesehen und überprüft und festgestellt, dass der Vater arischen Zahnärzten vollständig gleichgestellt sei.
Das REM entschied am 30. November 1942 Hubert Robicsek ausnahmsweise zum weiteren Medizinstudium zuzulassen aber mit dem expliziten Hinweis, dass er als "Mischling 1. Grades" weder die Promotion noch die "Bestallung" (Praxiszulassung) als Arzt erlangen könne.
Erst unmittelbar nach dem Ende der NS-Herrschaft konnte Hubert Robicsek am ersten Promotionstermin nach der Befreiung Wiens am 8. Juni 1945 promovieren, an dem auch viele andere "Mischlinge" promoviert wurden, teilweise mit Rückdatierung der Diplome auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Erfüllung aller akademischen Anforderungen und die damals nur aufgrund des fehlenden Nachweises "rein arischer Rassezugehörigkeit" nicht promoviert wurden.
Er lebte und arbeitete nach 1945 als Arzt in Wien.
Dr. Hubert Robicsek starb am 14. August 1987 in Wien und wurde am Friedhof Wien-Hietzing beigesetzt.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1934-1943, Promotionsprotokoll MED 1941-1949, Nr. 1259, RA GZ 97/I ex 1942/43, ONr. 96-99a, RA GZ 97/I ex 1944/45, MED GZ 1115 ex 1939/40 ONr. 250, 257, 258, 269, US 69 ex 1942-44 ONr. 2; Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/02-Unterricht/Kurator d. wiss. Hochsch. Wien (K. 13)/GZ 5201 ex 1940-1943, REITER-ZATLOUKAL/SAUER 2023.
Herbert Posch