Geb. am: | 17. Jänner 1903 |
Fakultät: | Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien |
Kategorie: | Doktorgradaberkennung |
Kurt RIEGER, geb. am 17. Januar 1903 in Mödling, NÖ, als Sohn von Obermedizinalrat Dr. Ludwig Rieger (1862-1945) in eine ÄrztInnenfamilie: auch sein älterer Bruder (Univ.-Prof. Dr. med. Herwigh Rieger, geb. 1898) und seine Schwester (Ilse Rieger, verh. Salzer) waren ÄrztInnen.
Kurt Rieger hatte am 28. Januar 1927 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. med. erworben. 1927 war er dann als Hilfsarzt an der III. Medizinischen Universitätsklinik (Leitung: Prof. Chvostek) und 1928-1930 Assistenzarzt am Hygiene-Institut der Universität Wien, 1930-1934 Sekundararzt im Krankenhaus Mödling und ab Dezember 1933 Gemeindearzt in Hinterbrühl (wohnte Hinterbrühl Hauptstraße 64).
Er war seit 1940 verwitwet und hatte einen neunjährigen Sohn als ihm am 2. Juli 1942 der akademische Grad aus sogenannten politischen Gründen aberkannt wurde. Er war zuvor am 23. April 1942 vom Wiener Straflandesgericht wegen "Verbrechens nach § 1 und § 2 der Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 1. September 1939" für das verbotene Hören von ausländischen Rundfunkstationen ("Feindsender") zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Seine Haushälterin hatte ihn denunziert, zwischen Februar und Juni 1941 drei Mal wöchentlich abends die deutschsprachigen Nachrichten des englischen Senders Scot-National gehört zu haben. Obwohl Rieger Mitglied der NSDAP (Aufnahmeansuchen 1938, Aufnahme 1940, Mitgliedsnummer 7.649.719), des NSKK, der DAF und der NSV war, wurde er verurteilt und im Zuchthaus in Krems/Stein inhaftiert.
Er verlor als Rechtsfolge der Verurteilung gem. § 26 StG seinen Doktorgrad (Feststellungsbeschluss der Universität Wien vom 1. September 1942) und aufgrund § 5 der Reichsärzteordnung sowie § 4 der 1.Durchführungsverordnung GBlLdÖ Nr. 849/39, seine ärztliche Zulassung und wurde auch aus der NSDAP ausgeschlossen.
Nach dem Ende des Nationalsozialismus suchte er am 8. Februar 1946 um Wiederverleihung des Doktorgrades und der ärztlichen Zulassung an. Dass er NSDAP-Mitglied war spielte im weiteren Verfahren keine erkennbare negative Rolle.
Der entsprechende Senats-Unterausschuss für die Aberkennung/Wiederverleihung akademischer Grade beschließt am 30. März 1946 auf Empfehlung des Juristen Prof. Grassberger, die erwartete positive Gerichtsentscheidung vorwegzunehmen und der Wiederverleihung bereits vorher zuzustimmen (Vergehen nach der "Rundfunkverordnung" galten gem. § 1b des Aufhebungs- und Einstellungsgesetzes vom 3. Juli 1945 StGBl 48, als nicht erfolgt). Der Akademische Senat entscheidet am 6. April 1946, sofort nach Vorliegen der Gerichtsentscheidung die Wiederverleihung durch einen formellen Akt auszusprechen. Den Gerichtsentscheid vom 27. April 1946 legte Rieger am 8. Mai vor und der Doktorgrad wurde ihm am 9. Mai 1946 wieder zuerkannt, bzw. wurde die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt. Er konnte sich das nach der Verurteilung abgenommene Original des Doktordiploms wieder an der Universität abholen.
Er wurde wieder Gemeindearzt in Hinterbrühl und blieb es bis zur Pensionierung 1969 und erhielt auch den Titel eines Medizinalrates.
Er starb am 24. Mai 1974 in Wien.
Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale MED 1922–1927, Promotionsprotokoll MED 1923–1929 Nr. 1877, Senat S 127.10 (Rektorat GZ 276 ex 1942/43), Senat S 271.1 (=Rektorat RA GZ 252 ex 1945/46); freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 09/2018; NÖ Ärztechronik 1990, 656. POSCH 2009, 465.
Herbert Posch