Oskar Pilzer
Geb. am: |
22. November 1882 |
Fakultät: |
Juridische Fakultät |
Kategorie: |
Doktorgradaberkennung |
Oskar PILZER, geb. am 22. November 1882 in Czaniec/Galizien [Czaniec/Polen],
Sohn von Samuel Pilzer (Kaufmann, 1849-1915) und dessen Frau Regina, geb. Robinson. Nach der Reifeprüfung am Gymnasium in Bielitz/Schlesien [Bielsko-Biała/Polen] nahm er ein Jusstudium an der Universität Wien auf und erwarb am 23. März 1906 an der Juridischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. iur..
Spezialisiert auf Industrie und Finanzwesen arbeitete er zunächst in einer Anwaltskanzlei, später als Rechtskonsulent für die Internationale Handelsbank und danach als freiberuflicher Konsulent. 1921 heiratete er Hilda Kamarad, 1921 und 1922 wurden ihre beiden Söhne George und Herbert geboren.
Die österreichische Filmindustrie war ab Ende der 1920er Jahre wegen der Umstellung auf Tonfilm und dem damit verbundenen gestiegenen Finanzbedarf in einer Krise. Die Wiener "Sascha-Filmindustrie AG" erhielt im Juli 1930 neue Eigentümer - die Geschäftsleitung der Kapitalgruppe bildeten Oskar Pilzer und fünf weitere Investoren. Das Unternehmen wurde grundlegend erneuert: Kinos mit Tonanlagen ausgestattet, ein Atelier adaptiert, die firmeneigene Kopieranstalt erneuert und der erste Tonfilm der Firma produziert.
Wegen Meinungsverschiedenheiten legte Pilzer im Mai 1931 sein Mandat nieder. Nachdem die Firma aber in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurden im Dezember 1931 der Anwalt Kurt Pilzer und der Bankier Viktor Pilzer als neue Verwaltungsräte bestellt. Im August 1932 kamen auch Oskar und sein Bruder Severin Pilzer hinzu. In der sogenannten "Pilzer-Gruppe" war Oskar Pilzer federführend. Die "Sascha-Filmindustrie AG"erwarb noch Ende des selben Jahres den Studiokomplex am Rosenhügel in Wien 13 als wichtige Produktionsstätte.
Das Unternehmen ging eine Partnerschaft mit Berliner Firma Tobis ein und im Jänner 1934 wurde die Gesellschaft "Tobis-Sascha-Filmindustrie AG" gegründet. Im selben Jahr produzierte die "Sascha-Filmindustrie AG" ihre bekannteste Produktion, "Maskerade" von Willi Forst.
Nachdem in Deutschland ab 1933 der Ausschluss von Juden aus der Filmproduktion erfolgte, nahm auch der Druck auf die österreichische Filmindustrie zu. Die Reichsfilmkammer versuchte ab Ende 1933 die Aufführung österreichischer Filme mit jüdischen Mitwirkenden zu be- bzw. verhindern, forderte ab 1934 Drehbücher und Besetzungslisten zur Begutachtung und bewirkte, dass ab Februar 1935 Juden nur noch als Produzenten geduldet wurden.
Ende November 1936 trat Oskar Pilzer als Präsident des Produzentenverbandes zurück, im Jänner 1937 wurden auch seine Geschäftsanteile an der "Sascha-Filmindustrie AG" von der Creditanstalt übernommen und alle Juden, darunter Pilzer, schieden aus dem Verwaltungsrat aus. Bis 1938 war er noch als Mitbegründer und Beteiligter mehrerer Filmunternehmen aktiv.
Pilzer wurde zwei Tage nach dem „Anschluss“ verhaftet, kam aber wenig später durch Intervention Albert Görings frei. Er emigrierte zunächst nach Rom/Italien und Anfang 1939 weiter nach Paris/Frankreich, wo er seine Frau und seine Söhne wieder traf, die über Zürich/Schweiz geflüchtet waren. Am 7. Juni 1939 starb Oskar Pilzer an den Folgen einer unsachgemäß durchgeführten Operation. Seine Witwe und seine Söhne konnten im Mai 1940 über Portugal nach Casablanca/Marokko emigrieren, von dort im August 1941 nach New York/USA.
Am 17. Juli 1942 wurde ihm der Grad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus 'als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig' galt.
Erst 13 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt.
Am 6. November 2013, enthüllte der Österreichische Rundfunk (ORF) an der Halle 1 der Filmstadt Wien am Rosenhügel eine Gedenktafel zu Ehren Oskar Pilzers. Anschließend fand die Präsentation der neuen Dokumentation "Oskar Pilzer – Die bewegte Geschichte der Wiener Filmateliers" statt. Unter den Ehrengästen des Gedenkaktes fand sich der bereits 92-jährige Sohn George Pilzer, New York.
Lit.: Armin LOAKER, Oskar Pilzer und die österreichische Filmwirtschaft der dreißiger Jahre, in: Eleonore Lappin: Juden und Film, Wien 2004, 37-56; Der Standard 2006; ORF 2013.
Katharina Kniefacz