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Stefan Petö

Geb. am: 29. April 1907
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Stefan PETÖ (Stephen PETO), geb. am 29. April 1907 in Budapest, Ungarn/Österreich-Ungarn (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Sohn von Alexander Petö, geb. Pollak (1865–1939, Beamter) und Leonie Petö, geb. Pach (1878–?), ist in Wien aufgewachsen und hatte 1925 die Reifeprüfung (Matura) abgelegt. Er war zwischen Wintersemester 1925/26 und Sommersemester 1931 an der Hochschule für Welthandel [Wirtschaftsuniversität] inskribiert und legte dort am 6. Dezember 1929 die Diplomprüfung ab. Dass er nach erfolgreicher Absolvierung des sechssemestrigen Diplomstudiengangs noch ein siebtes und achtes Semester an der dortigen Hochschule belegte, dürfte darauf hindeuten, dass er beabsichtigte, nach Inkrafttreten der Promotionsordnung im Jahr 1930 den neu eingeführten Titel eines Doktors der Handelswissenschaften zu erwerben (ein tatsächlicher Abschluss ist im Universitätsarchivs der WU aber nicht nachweisbar). Er war von Wintersemester 1932/33 bis Sommersemester 1934 an der Philosophischen Fakultät inskribiert und belegte vor allem Lehrveranstaltungen aus Mathematik, Physik und Chemie wechselte dann 1934 an die Juridische Fakultät der Universität Wien und war zuletzt im Sommersemester 1938 im 8. und letzten Studiensemester seines Jusstudiums. Er wohnte damals in Wien 8, Schönborngasse 15.

Nach dem "Anschluss" im März 1938 durfte er im Sommersemester 1938 nach längerer Unsicherheit zumindest noch die letzten beiden Monate im Rahmen des 2%-numerus clausus für jüdische Studierende weiterstudieren, meldete im Juni 1938 noch die Adressänderung nach Wien 16., Redtenbachgasse 15 und inskribierte nach der Zulassung zum Weiterstudium am 14. Juni 1938, noch Lehrveranstaltungen über "Erforschung der Verbrechen", "Erscheinungslehre des Verbrechens" und "Österr. Finanzrecht", war aber dann aus rassistischen Gründen gezwungen sein Studium endgültig abzubrechen und musste die Universität Wien ohne Studienabschluss verlassen.

Stefan Petö musste aus Österreich flüchten und es gelang ihm noch rechtzeitig nach Großbritannien zu emigrieren und wurde dort aber als "enemy alien" interniert und am 10. Juli 1940 auf dem Schiff HMT "Dunera" nach Australien deportiert und war dort in den Lagern Hay (NSW), Orange (NSW) und Tatura (VIC) interniert. Im Lager Hay hatte sich bald selbstorganisiert ein vielfältiges intellektuelles Leben der Internierten entwickelt die auch eine breit gefächerte Lagerschule eingerichtet hatten, in der Petö Mathematik unterrichtete (worin er bereits in Wien Nachhilfestunden gegeben hatte).
Sein Vater konnte nicht mehr rechtzeitig emigrieren und starb 1939 in Wien.
Er konnte erst am 10. Februar 1942 nach England zurückkehren (auf der RMS "Rangitiki") und meldete sich zum Pioneer Corps, musste unfallbedingt aber nach mehreren Monaten Spitalsaufenthalts ehrenhaft aus der Armee entlassen werden.
Stefan Peto heiratet 1943 in England Johanna Maria E. G. Stadlen (1921–2003) und 1944 wird Tochter Maxine Lida Leonie Peto, verh. Sturdy (1944–2003) in Nottingham geboren, 1950 Sohn Timothy Edward Alexander Peto in Hampstead Belsize Park, London, England sowie später noch zwei weitere Kinder.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entschloss er sich, am Imperial College, London, Mathematik zu studieren, nachdem er bereits 1948 britischer Staatsbürger geworden war. Er spezialisierte sich auf Statistik, graduierte 1949 und bewarb sich anschließend als resident statistician im Scientific Civil Service beim Microbiologal Research Department (later Establishment) (MRE) in Porton Down, wo er bis 1972 beschäftigt war. Er lehrte sowohl dort als Technical Training Officer als auch in der Erwachsenenbildung am Salisbury College of Further Education. Kurz vor seiner Pensionierung 1972, wurde er noch Senior Lecturer für Statistik am Royal Military College of Science in Shrivenham. P. war Fellow der Royal Statistics Society.

Stephen Peto, geb. Stefan Petö, starb am 14. April 1974 in Shrivenham Swindon, England.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale IUS 1937–1938; National Archives of Australia NAA/MP1103/2, E40358 (report on prisoner of war)MP1103/1, E40358 (internee - service and casualty forms); TNA, HO 334/201/37589, Naturalisation Certificate; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 447; freundliche Hinweise Dr.in Elisabeth Lebensaft Wien 10/2023 und 04/2024; PD Dr. Johannes Koll, Wien 03/2024 und Dr.in Ulrike Denk, Wien 04/2024.


Herbert Posch


Nationale von Stefan Petö, Wintersemester 1937/38 (Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Wintersemester 1937/38 (Rückseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Sommersemester 1938 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Sommersemester 1938 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Sommersemester 1938 (2. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Sommersemester 1938 (2. Formular Rückseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Sommersemester 1938 (3. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien

Nationale von Stefan Petö, Sommersemester 1938 (3. Formular Rückseite), Foto: H. Posch © Archiv der Universität Wien
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