Universität Wien - Startseite

Richard Bauer

Geb. am: 12. April 1879
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen

Richard BAUER, geb. am 12. April 1879 in Wien, gest. am 3. September 1959 in Wien, war 1938 Privatdozent (tit. ao. Prof.) für Interne Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.

Er wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt und am 22. April 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.

Richard Bauer war als Sohn des Rechtsanwaltes Dr. Jakob Bauer (1840-1916?) aus Bisenz/Mähren und der Friederike, geb. Eisenmann (1848-?) aus Brünn/Mähren, 1879 in Wien geboren worden, besuchte das Piaristengymnasium in Wien 8, wo er am 12. Juli 1897 die Reifeprüfung (Matura) ablegte und begann anschließend, an der Universität Wien Medizin zu studieren. Am 13. Februar 1903 promovierte er zum "Dr. med." und im Oktober 1903 begann er als Hilfsarzt an der II. Medizinischen Univ.-Klinik (Leitung: Prof. Neusser) zu arbeiten.

Davor trat er trat 1903 aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus, konvertierte und ließ sich am 16. Oktober 1903 röm.-kathol. taufen, trat aber 1918 auch aus der röm.-kathol. Kirche aus und heiratete am 16. Juni 1918 Olga Goldner, gesch. Popper (1883-1934) die kurz davor von ihrem ersten Ehmann getrennt worden war und ebenfalls vom Judentum zu evangelisch AB konvertierte. Diese Ehe wurde am 17. Dezember 1931 in der Votivkirche in Wien katholisch konvalidiert womit er wieder röm.-kathol. war.

Er wurde an der II. Medizinischen Univ.-Klinik später Assistent, blieb bis 1908 an der Klinik und konnte dann mit einem Reisestipen­dium am Koch'schen Institut in Berlin/Deutsches Reich arbeiten und 1909 am Institute Pasteur in Paris/Frankreich. Zurück in Wien habilitierte er sich am 27. November 1912 an der Medizinischen Fakultät und wurde Privatdozent für interne Medizin und wurde als Internist in die Wiener Ärztekammer aufgenommen. 1917 wurde er zum Primararzt der II. medizinischen Abteilung am Kran­kenhaus Wieden ernannt und erhielt am 6. November 1926 den Titel (aber nicht die Funktion) eines außerordentlichen Professors an der Universität Wien und war Mitglied der Gesellschaft für Innere Medizin in Wien.
Er wohnte 1913 in Wien 6., Mariahilfer Straße 62, 1931 dann in Wien 9., Beethovengasse 4.

Seine zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen beschäftigen sich stark mit Serologie und Leberkrankheiten, darunter u.a. Die klinisch-serologische Diagnose der postluetischen Nierenerkrankungen. Posttyphose Infektion der Gallenwege bei Aplasie der Gallenblase (1911), Der Wert der Wassermannschen Reaktion. Über die Behandlung maligner Tumoren (1914), Über die Ambardschen Gesetze der Harnstoffelimination (1923), Zur Pathologie und Differentialdiagnose von Diabetesinsipus und primarer Polydipsie. Zur Leberfunktionsprüfung mittels Galaktose (1925), Zur Kenntnis der Zustandsänderung des Blutkomplemento. Über den Einfluß von Ergotamin und Leberdiät auf die Leberfunktion (1929), Über den Komplementgehalt des menschlichen Serums (1930), Unsere Kenntnisse über Leberfunktion und ihre Verwertung für die Klinik (1932), Die Galaktoseprobe bei Leberzirrhose (1935).

Obwohl er im Wintersemester 1937/38 eine Lehrveranstaltung zu "Differentialdiagnose und Therapie innerer Erkrankungen: Stoffwechsel und innere Sekretion. Einführung in die Differentialdiagnose innerer Krankheiten" angeboten hatte, reiste er mit einem Tourismusvisum für eine Vortragstour Ende September über Frankreich in die USA und absolvierte dort ab Oktober 1937 mehrere Vorträge und besuchte auch seinen in New York lebenden Bruder Siegfried Bauer (1874-?). Er reiste erneut am 7. Dezember 1937 über Kanada in Rouses Point, NY, in die USA ein und nochmals am 15. Dezember um kurz nach dem "Anschluss" 1938 am 21. März 1938 über Frankreich erneut in New York City, NY anzukommen um auch hier zu bleiben. Er stellte umgehend am 1. April 1938 einen Einbürgerungsantrag und blieb in den USA, obwohl er erst am 12. Jänner 1948 die US-Staatsbürgerschaft erhielt. Er lebte und arbeitete in Manhattan, New York City, NY, wohnte in 112 Central Park South und arbeitete am dortigen Manhattan Hospital.

Prof. Dr. Richard Bauer wurde 1947 zum Ehrenmitglied der Wiener Gesellschaft der Ärzte ernannt, war seit  April 1952 verwitwet.

Er kehrte erst 1954 76jährig wieder nach Wien zurück, wurde ab April 1954 wieder österreichischer Staatsbürger und röm.-kathol. und lebte in Wien 1., Krugerstraße 3 und eröffnete am 1. Juli 1954 in Wien 1., Graben 17 wieder eine Praxis in Wien und arbeitete an einem Wiener Sanatorium wissenschaftlich weiter.

Hofrat Prof. Dr. Richard Bauer starb am 3. September 1959 in Wien, wurde kremiert und am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.


Lit.: Archiv der Universität Wien, Rektoratsakten GZ 677 ex 1937/38, MED 1200 ex 1937/38, 106.I.897, Personalakt S 304.43; Österreichisches Staatsarchiv OeStA/AdR/BMF/VVST/VA 50423; Wiener Klinische Wochenschrift Jg. 72, Heft 1, 1960, 13ff.; MERINSKY 1980, 17-19; MÜHLBERGER 1993, 18; BLUMESBERGER 2002, 77; UB MedUni Wien/van Swieten Blog; www.genteam.at, www.ancestry.de


Herbert Posch

Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.