Universität Wien - Startseite

August von Loehr (Löhr)

Geb. am: 31. März 1882
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen

August von LOEHR, geb. am 31. März 1882 in Wien, gest. am 11. September 1965 in Wien, war 1938 Hon.-Prof. für Numismatik (Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit) an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. Er wurde im Nationalsozialismus aus politischen Gründen verfolgt und 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben. Er kehrte 1946 an die Universität Wien zurück.

Loehr, Sohn des Direktors der Nordbahn, besuchte das Gymnasium des Benediktinerstiftes Seitenstetten/NÖ[1] und studierte anschließend an den Universitäten Wien, Heidelberg und Grenoble, [2] wobei er 1905 in Wien "sub auspiciis Imperatoris" zum Dr. phil. promovierte. 1911 folgte die Promotion zum Dr. jur. In den Jahren 1903 bis 1905 absolvierte er das Institut für österreichische Geschichtsforschung, woraufhin er 1905/06 ordentliches Mitglied am Österreichischen Institut in Rom war. 1906 ging er an das kaiserliche Münzkabinett, wo er vorerst als Assistent (ab 1907), ab 1913 bzw. nach dem Tod Karl Domanigs zum Leiter der Abteilung für Mittelalter und Neuzeit avancierte. Ab 1926 war er Direktor des Kabinetts, während er drei Jahre später eine Honorarprofessur für Numismatik und Geldgeschichte an der Universität Wien übernahm.

Seine Tätigkeiten als Direktor des Münzkabinetts und Honorarprofessor an der Universität Wien endeten mit dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich. [3] Als Direktor zwangspensioniert verzichtete er im April 1938 über Aufforderung des Dekanats auf die Ausübung seiner Honorarprofessur an der Universität. [4] Überdies musste er seine Mitgliedschaft in der Akademie der Wissenschaften niederlegen. Von einer anderweitigen beruflichen Tätigkeit Loehrs im NS-Regime liegen keine Informationen auf.

Nach Kriegsende wurde er Erster Direktor des Kunsthistorischen Museums und war wesentlich an der Gründung des "Museums österreichischer Kultur" beteiligt. [5] Indes stand auch einer Rückkehr an die Universität Wien nichts im Wege, und das Ministerium verlieh ihm 1945 die Lehrbefugnis wieder, [6] die 1946 über Loehrs Initiative eine Erweiterung auf Allgemeine Museumskunde erfuhr. [7] In der Phase des Wiederaufbaus bzw. während der Suspendierung Leo Santifallers hatte Loehr auch die provisorische Leitung des Historischen Seminars und des Instituts für österreichische Geschichtsforschung inne. [8]

1949 erhielt er schließlich die neugeschaffene Stelle eines Generaldirektors der kulturhistorischen Sammlungen. Sein Aufstieg in der Zweiten Republik wird aber auch bei Betrachtung anderer Funktionen ersichtlich: So war er etwa Referent für Numismatik, Musealwesen und schutzwürdige wirtschaftsgeschichtliche Denkmäler im Denkmalschutz und 1949 war er wesentlich an der Gründung des Verbandes österreichischer Geschichtsvereine beteiligt, dessen Ehrenmitgliedschaft er 1956 erhielt (1961 Ehrenpräsident). Hier initiierte er auch das "Mitteilungs-Blatt der Museen Österreichs". Außerdem war er Mitglied der Numismatischen Gesellschaft (ab 1934 auch alleiniger Redakteur der Zeitschrift der Gesellschaft) und ab 1950 Präsident der Internationalen numismatischen Kommission. Bis 1938 gehörte er als korrespondierendes und ab 1945 als wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften an und war Obmann von vier und Mitglied von 26 Kommissionen sowie Ehren- bzw. korrespondierendes Mitglied mehrerer ausländischer Akademien. Er war Ritter des Franz-Joseph-Ordens, Commendatore des Ordens der Italienischen Krone und Inhaber der Ehrenmedaille (1952) sowie des Großen Ehrenzeichens des Burgenlandes. [9]

Seine Lehrtätigkeit an der Universität Wien sollte er bis zur Vollendung seines 75. Lebensjahres 1957 fortsetzen. [10]

Loehr konnte in seiner Amtszeit am Münzkabinett dessen Bestand verdoppeln, während ihm v. a. an einer Ausgestaltung des Kabinetts zu einem geldwissenschaftlichen Museum gelegen war. So konzentrierte er sich in der Sammlungstätigkeit nicht nur auf Münzen und bezog auch andere Geldformen mit ein. [11] Zu seinen bekanntesten Werken zählen "Geschichte des Donauhandels", "Österreichische Münzprägungen 1519 bis 1937" sowie "Österreichische Geldgeschichte".[12]


Lit.: Archiv der Universität Wien/PH PA 2492, PHIL GZ 659-1937/38; MÜHLBERGER 1993, 44; CZEIKE 1992-1997 [2004], Bd. 4; Wer ist wer in Österreich. Neuausgabe. Wien 1953; Gernot Heiß, Von der gesamtdeutschen zur europäischen Perspektive? Die mittlere, neuere und österreichische Geschichte, sowie die Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien 1945–1955, in: GRANDNER/HEISS/RATHKOLB 2005, 189–210; Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.


[1] Felix Czeike, Historisches Lexikon Wien. Bd. 4, Wien 1995.

[2] Wer ist wer in Österreich. Neuausgabe. Wien 1953.

[3] Czeike, Lexikon.

[4] UA, PHIL GZ 659-1937/38, O.-Nr. 19, Loehr an PHIL Dekanat, 27. 4. 1938. Die Aufforderung Viktor Christians datiert vom 23. April 1938. Vgl. ebd.

[5] Czeike, Lexikon.

[6] Gernot Heiß, Von der gesamtdeutschen zur europäischen Perspektive? Die mittlere, neuere und österreichische Geschichte, sowie die Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien 1945–1955, in: Margarete Grandner/Gernot Heiss/Oliver Rathkolb (Hrsg.), Zukunft mit Altlasten. Die Universität Wien 1945 bis 1955 (Querschnitte 19), Innsbruck – Wien – Bozen 2005, 189–210, 199.

[7] Vgl. UA, PA, fol. 22, BMU an PHIL Dekanat, 25. 7. 1946.

[8] Heiß, Perspektive, 197.

[9] Czeike, Lexikon.

[10] UA, PA, fol. 26, PHIL Dekanat an Loehr, 16. 7. 1957.

[11] Czeike, Lexikon.

[12] Wer ist wer in Österreich. Neuausgabe. Wien 1953.


Andreas Huber

Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.