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Martha Geiringer

Geb. am: 28. August 1912
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende
Martha GEIRINGER, geb. am 28. August 1912 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), als Tochter von Wilhelm Geiringer (Kaffeehausbesitzer, 1881-1930) und Irma Geiringer (geb. Körner, 1885-1957) wohnte in Wien 20, Rauscherstraße 14/15a.
Sie hatte von 1931 bis 1935 an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien Biologie und Soziologie studiert und wechselte dann ohne Promotion an die Biologische Versuchsanstalt (BVA) der Akademie der Wissenschaften in Wien, wo sie praktisch und theoretisch an ihren Themen weiterarbeitete.
Um ihr Studium auch formal mit dem Doktorat abschließen zu können, nahm sie im Wintersemester 1937/38 ihre Studien an der Philosophischen Fakultät wieder auf. Ihre Dissertation wurde von Hans Przibram betreut, außerordentlicher Professor für Zoologie an der Universität Wien und Leiter der Zoologischen Abteilung der BVA. Sie wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium und die Promotion abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen. Sie konnte weder an der Universität noch am Vivarium der Akademie der Wissenschaften weiter arbeiten. Es gelang ihr zwar noch, rechtzeitig aus Wien zu flüchten und sie emigrierte mit ihrer Schwester Gertrude (1918–2002) nach Belgien (ihre Brüder Alfred und Erich nach Großbritannien bzw. USA) und versuchte an der Universität Gent ihr Biologiestudium wieder aufzunehmen und abzuschließen, was aber 1939 durch das Deutsche Konsulat in Belgien behindert wurde.
Ihre Schwester emigrierte 1939 nach England und später in die USA doch Martha Geiringer blieb vorerst in Gent und konnte nach der Rückkehr von einem kurzen erfolglosen Versuch auf den Philippinen ein neues Leben aufzubauen wieder nach Belgien zurück und konnte nach der Besetzung Belgiens durch NS-Deutschland ab Mai 1940 auch nicht mehr flüchten. Sie wurde mehrfach verhaftet und nach ihrer letzten Inhaftierung zunächst in das Internierungslager Caserne Dossin in Mechelen (Malines) überstellt und von dort am 15. Jänner 1943 in das Deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau [Oświęcim, Polen] deportiert und kam dort um (Todeszeitpunkt unbekannt). Der Komponist, Pianist und Neffe von Martha Geiringer, Frederick Adler, widmete ihrem Gedenken das Streichquartett # 1 "In memoriam Martha Geiringer", das im Mai 2005 in Gent uraufgeführt wurde.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1931-1938; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 390; DÖW 2001; Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der Wissenschaftentestimonial at www.yadvashem.org, www.yadvashem.org [März 2006]; Johannes Feichtinger/Herbert Matis/Stefan Sienell/Heidemarie Uhl, Hg., Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945, Wien 2013, 111; Klaus Taschwer, Hochburg des Antisemitismus. Der Niedergang der Universität Wien im 20. Jahrhundert, Wien 2015, 233; Marc VERSCHOORIS, Uit de lus van de strop. Gentaars in de bres voor de Joodse bevolking 1940-1944, Gent 2020; www.ancestry.de; www.genteam.at; freundlicher Hinweis Dr.in Nina Knieling, Wien 04/2021 und Marc Verschooris, Gent 05/2021; link zu Erinnerungsvideo Gent 2020: https://www.youtube.com/watch?v=MsPTlC5BO8g.


Herbert Posch


Nationale von Martha Geiringer, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Universitätsarchiv Wien

Nationale von Martha Geiringer, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien
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