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Karl Fellinger

Geb. am: 19. Juni 1904
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen
Karl FELLINGER, geb. am 19. Juni 1904 in Linz, gest. am 8. November 2000 in Wien, war 1938 Privatdozent für Innere Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Er wurde im Nationalsozialismus aus politischen Gründen verfolgt und am 22. April 1938 seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.

Fellinger besuchte das Akademische Gymnasium in Linz und studierte anschließend an der Universität Wien unter Julius Wagner-Jauregg, Anton Freiherr von Eiselsberg und Julius Tandler Medizin. [1] Von September 1929 bis Juli 1931 war er als Hospitant und Hilfsarzt am pathologisch-anatomischen Institut unter Rudolf Maresch tätig und trat daraufhin in die II. medizinische Universitätsklinik unter Nikolaus Jagic ein, wo er bis März 1937 zuerst als Hilfsarzt, dann als Assistent tätig war. [2] Im März 1937 folgte schließlich mit einer Arbeit über Hormonforschung [3] die Habilitation für innere Medizin [4] wie auch die Ernennung zum Primarius der 1. medizinischen und Stoffwechselabteilung am Lainzer Krankenhaus.[5] Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Fellinger am 22. April 1938 die venia legendi entzogen.[6] Im Februar des folgenden Jahres verlor er auf Basis des § 4 der Berufsbeamtenverordnung auch seine Stelle als Primararzt in Lainz und erhielt von nun an drei Viertel des letzten Bruttomonatsbezugs.[7] Worauf diese Maßregelung zurückzuführen ist, bleiben die Quellen – wie auch die Sekundärliteratur – leider schuldig. Der zugrunde liegende Gesetzespassus fand jedenfalls Anwendung auf "Beamte, die nach ihrem bisherigen politischen Verhalten nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintreten".[8] Genauere Rückschlüsse lassen sich daraus leider nicht ableiten. Jedenfalls war er nach seiner Entlassung noch als Kassenarzt für interne Medizin tätig und wurde im April 1940 zur Wehrmacht einberufen. Im Reichsärzteregister findet sich zudem der Vermerk "noch Praxis ab 28. 4. 1943", was nahe legt, dass er ab diesem Zeitpunkt seine Praxis wieder weiterführen konnte.[9] Unmittelbar nach Kriegsende, im April 1945, übernahm Fellinger die medizinische Abteilung der städtischen Poliklinik als Direktor und Vorstand, wobei er die Funktion bis Juni 1946 innehatte.[10] Daneben fungierte er im ersten Nachkriegssemester (SS 1945) als supplierender Leiter der Medizinischen Universitätsklinik Graz[11] und erhielt im November 1945 den Titel eines ao. Prof. verliehen.[12] Im Jahr darauf folgte Fellingers Ernennung zum Ordinarius (Spezielle Pathologie und Therapie innerer Krankheiten)[13] und zum Vorstand der 2. Medizinischen Universitätsklinik in Wien, die unter seiner Federführung modernisiert wurde und sowohl ein Dialysezentrum als auch eine Computerstation erhielt. Zudem konnte er 1952 an seiner Klinik auf das modernste Elektronenmikroskop der Welt zurückgreifen. Auf Funktionärsebene amtierte er 1950/51 als Dekan und 1964/65 – und damit auch während des 600-Jahr-Jubiläums der Universität Wien (1965) – als Rektor,[14] und 1970-1975 als Senator der Medizinischen Fakultät im Akademischen Senat. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählen "Die Fettleibigkeit" (1939), "Klinische Fortschritte" (1950) und das "Lehrbuch der inneren Medizin" (2 Bände, 1952),[15] während er mit der Fernsehreihe "Der gläserne Mensch" über die Wissenschaft hinaus einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Zudem verfasste Fellinger allgemein verständliche Beiträge in verschiedenen Printmedien. Unter seinen Patienten fanden sich u. a. Schah Reza Pahlewi und König Ibn Saud, woraus die Bezeichnung "Arzt der Könige" resultierte. Nicht zuletzt hatte Fellinger, der als Vater der "Neuen Wiener Medizinischen Schule" gilt, auch wesentlichen Anteil daran, dass Wien an die "große medizinische Tradition" anschließen konnte und auf diesem Gebiet wieder zu internationaler Anerkennung gelangte. Neben zahlreichen Funktionen im Gesundheitswesen, die Fellinger ausübte, hatte er auch großen Anteil an den Planungen für den Neubau des Allgemeinen Krankenhauses.[16] Fellinger erhielt Ehrendoktorate der Universitäten Athen, Budapest, Innsbruck, Saloniki und Teheran, 1969 den Ehrenring der Stadt Wien, und war zudem ab Mai 1985 Bürger, ab Mai 1997 Ehrenbürger der Bundeshauptstadt. Von Fellingers wissenschaftlicher Bedeutung zeugen auch der Fellinger-Krebsforschungsverein und der Karl-Fellinger-Park im 19. Wiener Gemeindebezirk,[17] wie er auch Präsident des Wiener Rudolfinerhauses[18] und von 1947 bis 1992 Präsident des Obersten Sanitätsrates war.[19] Weiters ernannte ihn die Universität Innsbruck ebenso zum Ehrensenator (1967)[20] wie die Universität Wien (24. Jänner 1974). Er war Träger des Großen Silbernen Ehrenzeichens der Republik Österreich (1959)[21] des Großen Deutschen Verdienstkreuzes mit Stern, des Commendatore-St.-Georgs-Ordens mit Stern (Vatikan) und anderer hochrangiger Orden aus dem Ausland,[22] so etwa des Mahaputra-Ordens vom indonesischen Präsidenten Sukarno.[23]


Lit.: Bundesarchiv Berlin/Reichsärzteregister; Österreichisches Staatsarchiv/AdR, BKA, BBV; Archiv der Universität Wien/MED PA 114; Gesetzblatt für das Land Österreich, ausgegeben am 4. Juni 1938, 56. Stück; MÜHLBERGER 1993, 20; CZEIKE 1992-1997 [2004], Bd. 6; MERINSKY 1980, 291f.; UB MedUni Wien/van Swieten Blogaeiou.at; Nachruf in Wiener Zeitung


[2] UA, PA, fol. 1, Personalangabe.

[4] UA, PA, fol. 1, Personalangabe.

[5] Ebd., fol. 3, Personalangabe.

[6] Ebd., fol. 40, Curriculum vitae, 30. 10. 1945.

[7] ÖStA/AdR, BKA, BBV, Der Staatskommissar beim Reichsstatthalter an Fellinger, 10. 2. 1939 (nur als "Konzept" vorliegend). Vgl. UA, PA, fol. 43, Personalblatt, 12. 5. 1945.

[8] Gesetzblatt für das Land Österreich, ausgegeben am 4. Juni 1938, 56. Stück, 160. Kundmachung: Bekanntmachung der Verordnung zur Neuordnung des österreichischen Berufsbeamtentums, 446.

[9] BArch, Reichsärzteregister.

[10] UA, PA, fol. 39, Personalstandesblatt, 14. 6. 1946.

[11] Ebd., fol. 39, Personalstandesblatt, 14. 6. 1946.

[12] Ebd., fol. 7, Staatsamt für Volksaufklärung an MED Dekanat, 25. 11. 1945.

[13] Ebd., fol. 35, Angaben für das Personalstandesverzeichnis 1948/49.

[17] Ebd.

[20] UA, PA, fol. 25, Amtsvermerk, 18. 10. 1967.

[21] Ebd., fol. 31, Amtsvermerk, 18. 3. 1959.

[23] UA, PA, fol. 27, Fellinger an das Bundeskanzleramt, 2. 7. 1964 (Abschrift).


Andreas Huber

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