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Oswald Schwarz

Geb. am: 31. Oktober 1883
Fakultät: Medizinische Fakultät | Medizin Universität Wien
Kategorie: Vertriebene WissenschafterInnen
Oswald SCHWARZ, geb. am 31. Oktober 1883 in Brünn, Mähren (Brno, Tschechische Republik), war Dozent für Urologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.

Nach der Reifeprüfung 1901 in Brünn begann er ein Studium der Medizin an der Universität Wien, absolvierte ein Semester an der Universität Straßburg und erwarb am 22. Dezember 1906 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. med.
Anschließend absolvierte er eine umfassende medizinische Ausbildung, zunächst als Operationszögling an der I. chirurgischen Klinik (1908/09), dann an der Universitäts-Frauenklinik (1919-1911) und für einige Monate in Deutschland, u.a. München.
1912 kehrte Schwarz nach Wien zurück und wurde Mitarbeiter an der urologischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik in Wien, ab 1913 als Assistenz- und später Oberarzt. Daneben betrieb er Studien an verschiedenen chemischen Laboratorien in Wien und Straßburg sowie am serotherapeutischen und pharmakologischen Institut der Universität Wien.
Zwischen 1914 und 1918 leistete er Dienst in der österreichisch-ungarischen Armee.

1919 wurde Oswald Schwarz an der Universität Wien für Urologe habilitiert und er hielt auch Vorlesungen an der Post Graduate School of the American Medical Association in Wien.
Schwarz war Mitglied der "Deutschen Gesellschaft für Urologie", der "Gesellschaft der Ärzte in Wien" und Gründungsmitglied der "Österreichischen Gesellschaft für Urologie". Er behandelte als Urologe auch Patienten mit sexuellen Störungen und wandte sich dabei zunehmend der Individualpsychologie um Alfred Adler zu. Er war Mitglied des "Vereins für Individualpsychologie", der "Deutschen Gesellschaft für Psychotherapie", des "Akademischen Vereins für Medizinische Psychologie" sowie des "Vereins für Medizinische Psychologie". Daneben befasste er sich auch mit Bereichen der Anthropologie.
Schwarz bemühte sich um eine Verbindung von Medizin und Psychologie sowie Philosophie. Anfang der 1920er Jahre publizierte er über Sexualpathologie und mit Aspekten der medizinischen Psychologie. 1925 veröffentlichte er schließlich ein Pionierwerk der Psychosomatik "Psychogenese und Psychotherapie körperlicher Symptome". Gemeinsam mit Rudolf Allers gehörte er zu der katholisch-konservativen Gruppe in der Individualpsychologie, die 1927 aus dem Verein für Individualpsychologie austrat.

1934 reichte Oswald Schwarz beim Dekanat um die Bewilligung eines Sonderurlaubs ein und ging mit seiner Familie nach England, wo er sich nur noch mit der Behandlung der psychologischen Probleme urologischer Patienten befasste. Er kehrte aufgrund der politischen Konstellation in Österreich nicht mehr nach Wien zurück.

Im Nationalsozialismus wurde er aus rassistischen Gründen am 22. April 1938 seines Amtes enthoben und seine Venia wurde ihm aberkannt. Obwohl Oswald Schwarz 1934 mit seiner Familie nach England gegangen war, studierte sein Sohn Hans Peter Schwarz an der Universität Wien Medizin und konnte 1938  immerhin im Rahmen einer 'Nichtarierpromotion', allerdings unter zahlreichen Diskriminierungen, noch promovieren (wobei ihm dieses Doktorat aus rassistischen Gründen 1943 wieder aberkannt wurde).
Am 22. Juli 1943 wurde auch Oswald Schwarz der 1906 erworbene Grad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus 'als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig' galt.
Erst 12 Jahre nach der Aberkennung und lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad  am 15. Mai 1955 wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt - allerdings nur noch posthum, denn Oswald Schwarz war bereits am 14. Oktober 1949 in London/Großbritannien an einem Herzinfarkt gestorben.

Oswald Schwarz' letztes Werk wurde in seinem Todesjahr 1949 veröffentlicht - "The Psychology of Sex" - und erlebte posthum noch mehrere Auflagen. Seine wissenschaftliche Leistung liegt vor allem im Brückenschlag zwischen Medizin und philosophischer Anthropologie, wodurch er neben Felix Deutsch im damaligen Wien zu einem Pionier des psychosomatischen Denkens wurde. Sein Werk erfuhr in veränderter Form eine Weiterführung durch seine Schüler Viktor Frankl und Hans Giese.

Lit.: Gerhard DANZER, Wer sind wir? Auf der Suche nach der Formel des Menschen. Anthropologie für das 21. Jahrhundert - Mediziner, Philosophen und ihre Theorien, Ideen und Konzepte, Berlin/Heidelberg 2011, 407-419; EMÖDI/TEICHL 1937FISCHER Bd. 1 1932KIESER 2001; Alfred LÉVY, Oswald Schwarz - Pionier der Psychosomatik, in: LÉVY/MACKENTHUN 2002, 239-250; MERINSKY 1980, 250-251; Österreichisches Biografisches Lexikon|ÖBL 2001; UB MedUni Wien/van Swieten Bloguniversimed.


Katharina Kniefacz und Herbert Posch


Oswald Schwarz, Graphik, (c) Christine Schwarz Becker, Wasington
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