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DENK-MAL Marpe Lanefesch, ehem. jüdisches Bethaus

Mit der Übergabe des Alten Allgemeinen Krankenhauses (AAKH) der Stadt Wien an die Universität Wien im Jahr 1996 ging das ehemalige jüdische Bethaus in den Besitz der Universität Wien über.

Der ehemalige Betpavillon wurde 1938 geschändet; seit den 1950er Jahren wurde die Bausubstanz infolge der "technischen Nutzung" beschädigt. Die Universität Wien hat angesichts dieser historischen Umstände die kulturpolitische Verantwortung übernommen, das ehemalige Bethaus zu renovieren und in Stand zu halten.
Durch künstlerische Umsetzung ist das begehbare Kunstobjekt DENK-MAL Marpe Lanefesch entstanden. "Marpe Lanefesch" ist Hebräisch und bedeutet "Heilung für die Seele".
Der Name betont die vielschichtige Bedeutung des Ortes: Das Bethaus als Erinnerungsort der wechselhaften Geschichte, der durch künstlerische Umsetzung auf seine kulturelle Bedeutung hinweist.
Das ehemalige jüdische Bethaus wurde im Oktober 2005 als begehbares Denkmal und als "Stätte des Gedenkens und Bedenkens" eröffnet.

Wechselvolle Geschichte

Der Betpavillon wurde im Jahr 1903 im Alten Allgemeinen Krankenhaus nach den Plänen des Architekten Max Fleischer (1841-1905) für PatientInnen jüdischen Glaubens errichtet.
1938 schändeten Nationalsozialisten im Novemberprogrom das Gebäude. In den 1950er Jahren begann die "Nutzungsphase" des Bethauses und die Schädigung der Bausubstanz. Durch den Einbau einer Transformatorstation, die bis zum Jahr 2000 in Betrieb war, wurde die Innenausstattung zerstört. Eine bauliche Modernisierung im Jahr 1970 hat die äußere Form des ehemaligen Bethauses grundlegend verändert.
Die Universität Wien hat als neue Eigentümerin des Gebäudes die Verantwortung übernommen, den unsensiblen Umgang mit dem ehemaligen Bethaus und die wechselvolle Geschichte zu dokumentieren und in einem künstlerischen Kontext zu verarbeiten.

Projekt DENK-MAL Marpe Lanefesch

Im Auftrag des Rektorats der Universität Wien hat die Künstlerin Minna Antova das ehemalige Bethaus in ein begehbares Kunstobjekt umgestaltet.
Dabei sollte nicht nur das Gebäude renoviert, sondern die Konstruktion des ersten Architekten Max Fleischer erhalten und die Zerstörung in der Nazi- und Nachkriegszeit dokumentiert werden.

In den Belag des Weges, der zum Betpavillon führt, wurde ein dreisprachiger Text (hebräisch, deutsch, englisch) inklusive einem Block mit Blindenschrift eingelassen. Er informiert über die Geschichte des Gebäudes. Beim Betreten des Pavillons selbst müssen die BesucherInnen gleichsam über den Maßstab des Architekten Max Fleischer schreiten, der ebenfalls am Boden aufgemalt ist.
Im Inneren des Denkmals Marpe Lanefesch dient der transparente Boden als Chronik für die verschiedenen Zeit-Schichten: Die erste Schicht enthält die stark vergrößerte Planzeichnung des Bethauses des Architekten Fleischer, die darüber liegende Schicht ein Schreiben der Staatspolizei zum Novemberpogrom 1938, die letzte Schicht eine Planzeichnung des Transformatorraums aus den 1970er Jahren. So wird die Geschichte des Denkmals - seine Konstruktion und seine Destruktion - sichtbar festgehalten.

Die zerstörten Bauelemente des Bethauses (Dach, Vorbau, Thora-Nische) wurden nach dem Originalentwurf Max Fleischers durch Glaselemente ersetzt. Diese Transparenz der Glaswände sensibilisiert die BesucherInnen zusätzlich für die Thematik: Der Innenraum symbolisiert Schutzlosigkeit und erzeugt dadurch eine besondere Körperwahrnehmung.
Die Wand ist mit Freskomalereien in Form von "zerrissenen" Stücken von Thora-Rollen gestaltet und nimmt Bezug auf das Alte Testament.
Die künstlerische Umsetzung hat für das Denkmal eine besondere Bedeutung und hebt die Zerstörung des Bethauses während des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit hervor.

Künstlerische Gesamtkonzeption und Innenfresken: Minna Antova
ArchitektInnen: Maria Langthaller, Gerhard Scheller, Christian Willibald
Auftraggeberin: Universität Wien
Bauherrin: Bundesimmobiliengesellschaft

Das Denkmal Marpe Lanefesch und das Gedenkbuch sind nach vorheriger Anmeldung unter
gedenkbuch@univie.ac.at
zugänglich.

>> download Infofolder zum Denkmal Marpe Lanefesch (Stand 2018)

>> Weitere Informationen