Universität Wien - Startseite

Alexander Stock

Geb. am: 21. Februar 1912
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende

Alexander STOCK (geb. Chajmowicz), geb. am 21. Februar 1912 in Wien (heimatberechtigt in Wien/Österreich, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich) als Sohn des aus Galizien stammenden Kaufmanns Julius Stock (geb. Chaskel Juda Chajmowicz, 1881–1944, Kaufmann, bis 1937 Inhaber einer Parfümerie) und Marie Chajmowicz Stock, geb. Lebelang (1882–1941). Er hatte das Bundesgymnasium in Wien 2 besucht und dort am 26. Juni 1930 die Reifeprüfung (Matura) erfolgreich abgelegt und war anschließend vom Wintersemester 1930/31 bis zum Sommersemester 1934 an der Philosophischen Fakultät inskribiert und belegte Lehrveranstaltungen in Zoologie und Chemie. Er arbeitete ab 1933 an seiner Dissertation bei Hans Przibram an der Zoologischen Abteilung der Biologischen Versuchsanstalt ("Vivarium") der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.

Er war also 1938 nicht mehr an der Philosophischen Fakultät inskribiert, sondern befand sich im Stadium der Abschlussprüfungen. Er hatte sich bereits am 25. Oktober 1937 zu den Abschlussprüfungen ("Rigorosen") in Zoologie angemeldet und das erste Rigorosum am 13. November 1937 bestanden.

Er wurde im Nationalsozialismus nach dem "Anschluss" aus rassistischen Gründen vorerst gezwungen, das Studium abzubrechen bzw. die Prüfungen auszusetzen und die Universität Wien zu verlassen, wie auch die Biologische Versuchsanstalt. Er konnte dann aber doch am 11. Juli 1938 noch seine Dissertation einreichen (Titel: "Homöosis und Regenerationsgeschwindigkeit bei Dixippus morosus Br. et Redt. sowie anderen Insekten", Betreuer: Versluys, Ehrenberg), die am 6. Juli 1938 approbiert wurde. Am 12. Juli 1938 hatte er auch das zweite Rigorosum bestanden. Er konnte somit, nach längerer Unsicherheit, doch noch sein Studium abschließen und am 21. Juli 1938 unter zahlreichen symbolischen Diskriminierungen im Rahmen einer "Nichtarierpromotion" promovieren, bei gleichzeitig ausgesprochenem Berufsverbot im gesamten Deutschen Reich.

Er musste aus Österreich fliehen und konnte 1938 noch rechtzeitig nach Großbritannien emigrieren. Er konnte gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau Selma nach Schottland emigrieren, wo er dank eines Carnegie Research Stipendiums an der Universität Edinburgh bei James Ritchie seine Studien fortsetzen und 1940 eine weitere Dissertation vorlegen konnte: "Changes in weight, volume and oxygen consumption during reorganization and regeneration in Sabella pavonina Sav. und lehrte parallel praktische Übungen für Studierende der Naturwissenschaften und der Medizin. 1941 bis 1943 arbeitete er als Lecturer am Bedford College der University of London, ab 1943 am Medical College of St. Bartholomew’s Hospital, London und engagierte sich in der Exilorganisation Free Austrian Movement (FAM), im Council of Austrians in Great Britain und in der Association of Austrians in Cambridge.

Auch sein jüngerer Bruder Emil Stock (1914-1944), der an der Universität Wien Orientalistik und Philosophie studiert hatte, musste nach dem "Anschluss" das Studium abbrechen, die Universität Wien verlassen und konnte sein Studium aber nicht mehr abschließen. Er wurde nach dem Novemberpogrom verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert, von wo er erst am 14. April 1939 wieder entlassen wurde mit der Auflage, das Dritte Reich binnen 14 Tagen zu verlassen. Anfang Mai 1939 gelang es ihm, zu seinem Bruder Alexander nach Edingburgh zu emigrieren. Er starb 1944 als Soldat der Royal Army.
Sein Vater Julius konnte noch rechtzeitig  aus Österreich nach Holland flüchten, wurde aber später in den deutsch besetzten Niederlanden verhaftet im Sammellager Westerbork interniert und von dort nach Theresienstadt [Terezín/Tschechische Republik] ins deutsch besetzte Tschechien deportiert und von dort am 16. Mai 1944 ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau [Oświęcim/Polen] deportiert und dort kurz darauf am 31. Mai 1944 ermordet. Alexanders Mutter Maria konnte nicht mehr emigrieren und starb 1941 mittellos in Wien.

1948 wurden Alexander und Selma Stock britische Staatsbürger*innen, wanderten innerhalb des Commonwealth 1949 nach Australien aus, wo er an der University of New England in Armidale lehrte, ab 1956 als Associate Professor und ab 1965 als Full Professor (1958-1960 Dekan der Faculty of Science. Seine Frau Selma Stock engagierte sich in der "Armidale Association for the Assimilation of Aborigines".

Alexander Stock starb am 31. August 1975 in Australien.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1930–1938, Rigorosenprotokoll und -akt PHIL Nr. 13805, Promotionsprotokoll PHIL 1931-1941 Nr. 2844; RÖDER 1983, 1131; POSCH 2009, 367; DÖW-Opferdatenbank; Yad Vashem | Shoah Victims' Names; Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.


Herbert Posch


Alexander Stock, Eintrag 2844 "Nichtarierpromotion" vom 21. Juli 1938, Promotionsprotokoll Philosophische Fakultät 1931-1941, Foto: Herbert Posch, © Archiv Universität Wien
Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.