
Präambel
An der Universität Wien wurden im Jahr 1938, mit der Machtübernahme des Nationalsozialismus über 2.700 vorwiegend jüdische Angehörige der Universität entlassen und in der Folge vertrieben und/oder ermordet - Lehrende, Studierende und MitarbeiterInnen der Verwaltung, des weiteren wurde über 200 Personen der akademische Grad aberkannt. 70 Jahre nach dem sogenannten "Anschluß" und der Pogromnacht (zynisch: "Reichskristallnacht") erinnert die Universität Wien 2008 an dieses Unrecht und ...
Ludwig Paneth
- Geb. am: 14. Februar 1886
- Fakultät: Medizinische Fakultät
- Kategorie: Doktorgradaberkennung
Ludwig PANETH, geb. am 14. Februar 1886 in Wien/Österreich als Sohn von Dr. Josef (1857-1890, Arzt, Histologe) und Sophie Paneth (geb. Schwab), studierte Medizin an den Universitäten Wien und München/Deutschland und absolvierte im Sommersemester 1909 ein Studiensemester an der Universität Zürich/Schweiz [Matrikelnummer 18828]. Seine Mutter wohnte mit ihrem Bruder, Dr. Albert Schwab, der auch Ludwig Paneths Vormund war, in Wien 8, Landesgerichtsstraße 15.
Ludwig Paneth promovierte am 31. März 1911 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien zum Dr. med. Er wurde Neurologe und Psychoanalytiker und ging nach Berlin.
Im März 1929 hielt er dort einen Vortrag in der "Gesellschaft für freie psychoanalytische Forschung, von dem Kurt Tucholsky in einem Bericht für "Die Weltbühne" berichtete:
"Der Nervenarzt Ludwig Paneth hat in der 'Gesellschaft für freie psychoanalytische Forschung' zu Berlin im März dieses Jahres einen Vortrag über 'Das Problem der Psychosynthese bei Jung' gehalten, ein Meisterstück leuchtender Klarheit, sauber in der Diktion, voller Überlegenheit und Demut, die Wahrheit zu suchen – die Leser des Vortrages, der in einem Sonderabdruck der Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Nummer 18; Verlag Georg Thieme, Leipzig) erschienen ist, werden sich dran delektieren. Eine höchst bemerkenswerte Schrift." [TUCHOLSKY 1929]
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten konnte er noch in die Schweiz emigrieren.
Er wurde aus dem Deutschen Reich zwangsausgebürgert und am 17. November 1942 wurde ihm der Doktorgrad aus rassistischen Gründen aberkannt, da er im Nationalsozialismus 'als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig' galt.
Er ist Verfasser zahlreicher Publikationen über Nervenkrankheiten u. psychische Störungen, u.a. "Gesunde u. kranke Nerven" (1930), "Seelen ohne Kompaß" (1934), "Der Nervöse und seine Welt: Eine Einleitung in die moderne Psychotherapie (1944) u. "Zahlensymbolik im Unbewusstsein“ (1952).
Erst 66 Jahre nach der Aberkennung und sehr lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad 2008 - posthum - wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für 'von Anfang an nichtig' erklärt.
Lit.: Archiv der Universität Wien, Rektorat GZ 118 ex 1937/38; POSCH 2009, 275, 459; Renate HEUER, Bibliographia Judaica. Verzeichnis jüdischer Autoren deutscher Sprache, Bd. 2, München 1984, 148; Matrikeledition der Universität Zürich; Kurt TUCHOLSKY, Die Herren Wahrnehmer, in: Die Weltbühne 43 (22.10.1929), 623; BLUMESBERGER 2002, 1011.
Katharina Kniefacz u. Herbert Posch
Dokumente
zuletzt aktualisiert am 15.09.2020