Universität Wien - Startseite

Martin Fuchs

Geb. am: 26. September 1903
Fakultät: Juridische Fakultät
Kategorie: Doktorgradaberkennung
Martin FUCHS, geb. am 26. September 1903 in Wien, gest. am 1. Oktober 1969 in Wien, hatte am 20. Juli 1926 an der Juridischen Fakultät der Universität Wien den Grad eines Dr. iur. erworben. Martin Fuchs, Sohn des Ministerialrats im Außenministeriums und Schriftstellers Dr. Bernhard Fuchs (1873-1932) und der Emilie Fuchs (geb. Grünmann), studierte nach der Reifeprüfung/Matura im Sommer 1921 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Jus und setzte nach der Promotion 1926 mit Rechtswissenschaftlichen Studien an den Universitäten Paris und Grenoble im Studienjahr 1926/27 fort. Er war von 1927 bis 1936 bei der Amtlichen Nachrichtenstelle des Bundeskanzleramtes in Paris angestellt, stand dann für ein Jahr in der Bundespressestelle in Verwendung bevor er im Juli 1937 als Presseattaché Leiter der Presse-, Informations- und Kulturabteilung der österreichischen Gesandtschaft in Paris/Frankreich wurde. Nach dem "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland im März 1938 trat der überzeugte Legitimist, der dem Emigrantenzirkel um Otto Habsburg angehörte, aus politischen Gründen Ende März aus dem diplomatischen Dienst und dem Beamtenverhältnis aus, verzichtete auf die Deutsche Staatsbürgerschaft und emigrierte nach Frankreich, wo er gemeinsam mit den ehemaligen Ministern der Schuschnigg-Regierung Hans Rott, Rüdiger von Starhemberg und Guido Zernatto eine konservative Widerstandsgruppe organisierte. Wesentliches propagandistisches Element dieser Gruppe ist der von ihm gegründete Rundfunksender "Österreichischer Freiheitssender" in Fécamp in der Normandie (an dem auch Robert Albert Bauer (1910-2003) mitwirkte). Es werden täglich zwei Stunden Programm, meist politisches Kabarett und Slogans, gesendet.
Verhandlungen mit Julius Deutsch und dem von den Revolutionären Sozialisten abgespaltenen Organisationskomitee der österreichischen Sozialdemokraten unter Karl Hartl und anderen zur Bildung einer offiziellen österreichischen Gesamtvertretung in Paris mit VertreterInnen aller politischen Richtungen mit Ausnahme von Kommunisten scheitern.
Dr. Martin Fuchs gibt gemeinsam mit Klaus Dohrn das Organ der Legitimisten in Frankreich die "Österreichische Post" heraus, die von Dezember 1938 bis Kriegsbeginn in Paris erscheint und dank einer Vielzahl namhafter Journalisten und Schriftsteller (Alfred Polgar, Joseph Roth, Friedrich Torberg, Franz Werfel, Roda Roda, Carl Zuckmayer, Stefan Zweig u. a.) beachtliches literarisches Niveau vorzuweisen hat. Und er initiierte 1939 auch die Österreich-Sendungen im "Radio Paris" und schrieb das in New York verlegte Buch "Showdown in Vienna. The death of Austria (1939). Im September 1940 emigrierte Martin Fuchs aus dem von der deutschen Wehrmacht besetzten Frankreich in die USA, wo er zum Vorsitzenden der "Jungkonservativen Partei" wurde und 1942 als Vorstandsmitglied des "Austrian National Committee" (ANC) fungierte und im "Office of International Information and Cultural Affairs" beim State Departement mitarbeitete. Am 8. Mai 1941 wurde ihm als Folge der Aberkennung der deutschen Staatszugehhörigkeit aus politischen / rassistischen Gründen durch den NS-Staat (192. Ausbürgerungsliste vom 15. Juli 1940, verlautbart im Deutschen Reichsanzeiger Nr. 170 vom 23. Juli 1940) der akademischer Grad von der Universität Wien aberkannt, da er im Nationalsozialismus "als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt. 1945 rehabilitiert blieb Martin Fuchs bis 1947 Chef der österreichischen Abteilung "International Broadcasting Division" des State Departement und gestaltete in den ersten Nachkriegsjahren das Programm der "Stimme Amerikas für Österreich".
Ende 1947 kehrte er nach Österreich zurück und ging wieder in den diplomatischen Dienst, zunächst am österreichischen Generalkonsulat in New York/USA (Februar 1948 bis März 1952) nach einigen Monaten im Wiener Bundeskanzleramt dann als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, später als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter in Brüssel/Belgien (1953-1958) war 1958-1962 Generalsekretär für Auswärtige Angelegenheiten im Außenministerium in Wien und die letzten Jahre (1962-1969) dann als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter in Paris/Frankreich. Mit Ende Juni 1969 wurde er pensioniert, wenige Monate später starb er am 1. Oktober 1969 in Wien und ist am Friedhof in Wien-Hietzing beigesetzt. Erst 62 Jahre nach der Aberkennung und sehr lange nach dem Ende des Nationalsozialismus wurde ihm der Doktorgrad am 10. April 2003 feierlich wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung posthum für "von Anfang an nichtig" erklärt.


Lit.:
Archiv der Universität Wien, Nationale IUR 1921-1926, Promotionsprotokoll IUR 1924-1939, Nr. 442; DÖW E 19.1512; Nachlass Martin Fuchs am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien; RÖDER 1980, 206f.; LANGENBUCHER/HAUSJELL 1995
; BLUMESBERGER 2002, 395; POSCH/STADLER 2005; POSCH 2009, 274, 414f.; Rudolf AGSTNER, Gertrude ENDERLE-BURCEL u. Michaela FOLLNER, DÖW, Hg., Österreichs Spitzendiplomaten zwischen Kaiser und Kreisky. Biographisches Handbuch der Diplomaten des Höheren Auswärtigen Dienstes 1918 bis 1959, Wien 2009, 201-202, 599; Christian H. STIFTER, Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration. US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Neuorientierung österreichischer Wissenschaft 1941–1955, Wien 2014, 113; Nachruf in Wiener Zeitung vom 4. Oktober 1969, 2.


Herbert Posch


Martin Fuchs, Wiederverleihung vom 10. April 2003, Promotionsprotokoll Juridische Fakultät 1924-1939, Foto: Herbert Posch, (c) Archiv Universität Wien

Martin Fuchs, Promotionseintrag mit Aberkennung, Promotionsprotokoll Juridische Fakultät 1924-1939, Foto: Herbert Posch, (c) Archiv Universität Wien

Martin Fuchs (li.), als neuer österreichische Botschafter in Paris mit Präsident De Gaulle und Außenminister Couve de Murville, Fotografie 1962, (c) VGA
Für Fragen oder Kommentare zu dieser Person benützen Sie bitte unser: » Feedback-Formular.