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Felizia Tyndel, verh. Hohenberg

Geb. am: 06. Oktober 1916
Fakultät: Philosophische Fakultät
Kategorie: Vertriebene Studierende
Felizia TYNDEL, geb. am 6. Oktober 1916 in Wien (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft: Österreich), Tochter von Dr. Samson Tyndel (1878–1942,Rechtsanwalt) und Theodora Tauba Tyndel, geb. Zehngebot (1892-1942), wohnte in Wien 19, Billrothstraße 55, war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 8. und letzten Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Romanistik, Germanistik und Anglistik. Die Eltern hatten beim Zusammenbruch der Österreichisch-Ungarischen Monarchie ihren Besitz in Galizien verkauft und ihren Lebensmittelpunkt nach Wien verlegt, wo sie in Immobilien in Wien und Berlin investierten. Ihr Vater gab 1930 aus gesundheitlichen Gründen seine Tätigkeit als Anwalt auf und konzentrierte sich auf die Immobilienverwaltung und die Familie übersiedelte 1931/1932 nach Berlin (Uhlandstraße 46). Nach der Matura am "Fürstin Bismarck Realgymnasium in Berlin-Charlottenburg" am 3. März 1934 kam Felizia Tyndel  zum Studium aber wieder nach Wien zurück um an der Universität Wien zu studieren (wie auch schon der ältere Bruder Martin Tyndel (1915-1970), der nach seiner Matura 1933 zum Studium der Pharmazie, Pharmakognosie, Philosophie und Sprachwissenschaft ebenfalls wieder nach Wien zurückgegangen war). Felizia, die auch in die Executive des Verbandes für jüdische Hochschülerinnen gewählt worden war, meldete sich bereits am 4. Oktober 1937 zu den Abschlussprüfungen (Rigorosen) an und bestand das erste Rigorosum am 30. Oktober 1937 erfolgreich. Vor der Einreichung der Dissertation und der Zulassung zum zweiten Rigorosum brach nach dem "Anschluss" das Prüfungsverfahren ab und sie durfte nicht mehr zu den Prüfungen antreten und musste ihr Studium abbrechen. Ihr älterer Bruder Martin Tyndel, der auch noch an der Philosophischen Fakultät studierte, wurde 1938 ebenfalls von der Universität Wien vertrieben. Er kehrte vorerst zu den Eltern nach Berlin zurück und flüchtete im September 1938 aus Deutschland nach Palästina [Israel], wo er später als Apotheker in Tel Aviv lebte. Die Rechtsanwaltskanzlei des Vaters Dr. Samson Tyndel (1878-1942), die er 1918 in Wien 1., Wipplinger Straße 35 eröffnet hatte, und ab 1930 nur noch als Immobilienverwaltung führte, wurde nach dem "Anschluss" endgültig geschlossen. Die Eltern und der jüngste Bruder konnten Deutschland nicht mehr rechtzeitig verlassen und nach der Enteignung, einem Nervenzusammenbruch und Erblindung der Mutter auf einem Auge 1940 wurde die Familie am 20. Juni 1940 verhaftet und wegen angeblicher Devisenvergehen verurteilt und inhaftiert. Im Anschluss an die Entlassung wurden beide am 26. September 1942 vom Güterbahnhof Berlin-Moabit nach Raasiku (Estland), nahe Reval deportiert und dort Anfang Oktober 1942 erschossen (zum Andenken an die ermordeten Eltern und den ebenfalls ermordeten jüngsten Bruder Erich wurden im September 2013 in Berlin-Charlottenburg, Uhlandtstraße 46, Stolpersteine verlegt). Auch Felizia Tyndel musste nach dem "Anschluss" aus Wien flüchten, heiratet vor der Rückkehr zu den Eltern nach Berlin am 19. Mai 1938 in der Vereinssynagoge in Wien 2., Pazmanitengasse 6, den Arzt Dr. med. Erich Hohenberg (1910-1968) und emigrierte mit ihm im August 1938 nach England. Sie lebten in London, anfangs in Chiswick, später in Kensington (bis Mitte der 1950er Jahre in 15, Chepstow Villas, später in 2, Kensington Park Gardens) und arbeitete als Büroangestellte. Felizia Hohenberg, geb. Tyndel, starb im August 1997 in Camden, London, England/Großbritannien.


Lit.: Archiv der Universität Wien/Nationale PHIL 1934-1938, Rigorosenprotokoll PHIL Nr. 13744; POSCH/INGRISCH/DRESSEL 2008, 491; SAUER/REITER-ZATLOUKAL 2010, 349; freundlicher Hinweis von Dr.in Barbara Sauer, Wien 03/2019; Stolpersteine für Samson Theodora und Erich Tyndel, Berlin; www.genteam.at; www.ancestry.de


Herbert Posch


Nationale von Felizia Tyndel, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Vorderseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien

Nationale von Felizia Tyndel, Wintersemester 1937/38 (1. Formular Rückseite), Foto: H. Posch (c) Archiv der Universität Wien
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